Beiträge, die mit der konkreten Erstellung meiner Texte zu tun haben.

Es ist geschehen. Game of Thrones ging zu Ende mit Folge 6 der 8. Staffel. Nach acht Jahren des Zuschauens endet eine größtenteils hervorragende Serie mit einem, in meinen Augen, unwürdigen Ende.

Damit meine ich nicht nur die letzte Folge, der ich mich heute als Schwerpunkt widmen will, sondern die gesamte letzte Staffel. Die letzte Folge und der damit verbundene Abschluss der Serie lässt sich in meinen Augen nicht ohne größeren Gesamtkontext bewerten, weswegen ich etwas ausholen muss.

Ich habe über dem folgenden Text wirklich lange gebrütet. Das hängt damit zusammen, dass ich zwei unterschiedliche Blicke auf diese Folge habe. Ich habe sie zuerst als einfach Zuschauer, Fan der Serie und Konsument geschaut. Dann begann ich bereits, die ersten Gedanken für ein Recap zu fassen und je länger ich mich mit der Folge beschäftigte, desto mehr hat mein „Autorengehirn“ angefangen zu arbeiten. Letzteres ist dann auch für den Großteil meiner Einschätzung verantwortlich. Ich kann daher verstehen, dass ein „normaler“ Fan und Zuschauer der Serie zu einem anderen Ergebnis kommt als ich. Das ist auch okay.

Optisch toll

Von der visuellen Seite gab es an der ganzen Staffel auch wirklich nichts auszusetzen. Die Musik war hervorragend, ebenso das Schauspiel. Es waren unheimlich tolle Effekte und wahnsinnig gute Bilder und Schnitte zu sehen. Ich habe im Fernsehen und selbst im Kino nur wenig mit dieser visuellen Macht gesehen und das war in meinen Augen über jeden Zweifel erhaben. Ebenso war das Schauspiel nahezu aller Schauspieler auf höchstem Niveau. Genau deshalb konnte ich das erste Gucke der Folge tatsächlich auch genießen. Die Bilder kreierten Atmosphäre und Stimmungen.

Als sich jedoch die visuellen Eindrücke etwas verflüchtigten und sich darunter die Story freischälte, wurden immer mehr Fragen in mir laut. Und es gibt eine ganze Reihe Fragen, die diese letzte Folge aufwirft. Dabei glaube ich, dass vieles der Folge tatsächlich dem entspricht, was sich George R. R. Martin überlegt hat und ich glaube auch den ein oder anderen Grund dafür entdeckt zu haben. Allerdings ist der Weg dorthin ein Problem und zwar aus verschiedensten Gründen.

Es gibt den Spruch: Gib 5 Autoren 5 genau gleiche Story Ideen und du erhälst 5 unterschiedliche Geschichten. Ich denke, da ist was dran. Wir haben nicht das Ende von George R. R. Martin gesehen. Wieso das auch gar nicht in gleicher Qualität sein kann, habe ich bereits an anderer Stelle geschrieben. Aber hier sieht man auch, und das ist für Autoren durchaus interessant, wie fatal sich verschiedene Entscheidungen eines Autoren auf die gesamte Geschichte auswirken können.

Das Thema oder: „Worum geht es hier eigentlich?“

Die letzte Folge zu bewerten führt automatisch dazu, die gesamte Serie zu bewerten. Im Finale einer Geschichte schließen sich die Bögen und runden durch eine fortschreitende Entwicklung das Thema der Geschichte ab.

Bei Geschichten mit einem Protagonisten geschiet dies durch die Entwicklung der Hauptfigur. Bei einer multipersonalen Geschichte wie Game of Thrones, in der viele Figuren gleichartig und mit ähnlich viel Raum erzählt werden, durch die Punkte, die den wesentlichsten Einfluss auf alle Protagonisten hat.

Bei Game of Thrones sind das nach meinem Empfinden zwei Themen

Erstens ist das Familie / Erwartung / Regeln. Ich sehe diese drei Dinge tatsächlich als einen Themenkomplex an, der sich nicht voneinander trennen lässt. Dieser wird durch die Ständeregeln, Zwangsehen, Bastarde etc dargestellt.

Der zweite und für mich sogar überwiegende Themenkomplex ist das Thema „Korruption durch Macht“. Dieser wird entweder durch das Streben nach Macht oder das Ablehnen der Korruption einzelner Figuren erzählt, Symbol hierfür ist der Thron. Vor diesem Hintergrund ist es kein Zufall, dass dieser am Ende zerstört wird.

Meine Vermutung ist, dass viele der auflösenden Elemente am Ende von George R. R. Martin vorgegeben wurden, Benioff und Weiss aber nicht in Lage oder aber schlicht nicht Willens waren, diese auszuerzählen. Man munkelt, es läge am angebotenen Star Wars Projekt. Ich weiß es nicht. Jedenfalls wurden viele Erzählstränge fürchterlich verkürzt, verstümmelt und kannibalisiert, so dass der Zuschauer am Ende um das Thema der Geschichte herumrätseln muss. Das haben sie zum Einen getan, indem sie die Menge der dargestellten Figuren radikal zusammengekürzt haben, zum anderen durch Auslassungen wichtiger Erzählstränge sowie Abkürzungen und Logiklöcher. Fingen die beiden ersten Folgen noch vielversprechend an, konnte man ab Folge 3 die Balken des Plotgerüsts knarzen hören, so sehr mussten sie sich biegen.

Verkaufe den Zuschauer nicht für dumm

Bevor ich darauf eingehe, möchte ich aber erst auf die Punkte eingehen, die sich konkret der Folge zuordnen lassen. Wie gesagt, nach mehrtägigem darüber nachdenken.

  • Die Dothraki. Dieses zu Beginn bedeutende Volk wird zu reiner Staffage. Nicht nur, dass sie sich scheinbar von Folge zu Folge vermehren, sie haben auch sämtliche Ihrer Stammesriten vergessen. Als Blutreiter müssten sie sich mit Denaerys Tod allesamt selbst richten. Sollten sie das nicht tun, so müssten sie zumindest Jon als ihren neuen Khal ansehen. Beides geschieht nicht. Die Dothraki werden auch einfach „vergessen“. Es wird nicht erzählt was sie am Ende tun oder was mit ihnen geschieht. Sie schlendern jedenfalls vergnügt am Pier entlang, obwohl Dothraki das Wasser hassen und nur für ihre Königin überhaupt über das Meer gegangen sind.
  • Die Unbefleckten. Scheinbar wissen die Unbefleckten ohne einen Führer nicht, was sie tun sollen. Die Ratlosigkeit wird in Person von Grauer Wurm dargestellt, der erst blind jeden Befehl seiner Königin befolgt, dann wochenlang Königsmund besetzt ohne dabei irgendetwas zu tun (welche Rolle hat Grauer Wurm, als er in dieser Runde mit den Lords sitzt?) Sie wollen Rache, töten Jon Snow aber nicht, obwohl ihre Bereitschaft zu töten ein paar Szenen zuvor noch beinahe Auslöser für einen Streit war. Dann sind sie mit der Ernennung von Bran als König einverstanden, negieren die Strafe für Jon, die dann trotzdem durchgeführt wird. Dann bietet Davos Seewert ihnen die Weite als Land an (warum kann er das?), worauf keiner so richtig eingeht und letztlich fahren sie einfach alle nach Naaht. Was genau war ihr Ziel? Mit dem Ableben von Denaerys wissen sie das scheinbar selbst nicht mehr. Kleiner Fun Fact: Auf der Insel Naaht leben Schmetterlinge, die alle Fremden eine tödliche Krankheit (Schmetterlingsfieber) infizieren. Ich bin mir unsicher, ob das in der Serie auch erwähnt wird. Grauer Wurm bringt seine Jungs jedenfalls um mit seinem Plan, nach Naaht zu fahren.
  • Der Winter kommt kurz nach King´s Landing, scheint sich aber bei Jons Ankunft im Norden auch schon wieder zu verflüchtigen.
  • Wieso sitzen in diesem Rat so viele Figuren, die wir nicht kennen? Wer sind die, wieso sitzen die da und warum können die darüber bestimmen, was mit Westeros geschieht?
  • Wieso ist Tyrions Begründung für Bran so unglaublich bescheuert. Waren D&D so hilflos, Bran als König zu installieren, dass sie sich irgendeinen Müll aus den Fingern gezogen haben? Bran hat wirklich nicht die beste Geschichte von allen Figuren. Wirklich nicht.
  • Wieso reist Sansa mit einer ganzen Armee aus dem Norden an? Als Leitsatz von Ned Stark gilt, dass immer ein Stark auf Winterfell sein muss – warum nimmt sie Bran mit? Sie ist die Herrscherin von Winterfell, was soll Bran da? Abgesehen von der Logistik – es ist Winter und man hatte ja bei der Belagerung schon nicht genug Nahrung – wieso nimmt Sansa die ganze Armee mit und hinterlässt ihre Heimat in den aktuell ungeordneten politischen Verhältnissen schutzlos? Oder können sich die Starksoldaten auf ähnliche Weise vermehren wie Dothraki und Unsullied.
  • Wieso besteht der Norden nur noch aus den Starks, bzw wieso haben nur noch die Starks ein Wahlrecht?
  • Wieso stimmen alle Lords Bran als König zu?
  • Wieso will niemand außer der Norden unabhängig werden, wo doch gerade scheinbar ein guter Moment dafür wäre?

Eine Ebene höher

Hier kommen wir zum zweiten Teil, der mich etwas mehr auf die Metaebene von Game of Thrones bringt und wo Weiss und Benioff so viele Abkürzungen genommen haben, dass sie sich teilweise nur noch mit Taschenspielertricks da wieder herausmanövrieren können.

Einer der größten Aufreger ist die Entwicklung von Denaerys Sturmtochter. Dabei gilt diese Aufregung nicht der Tatsache, dass sie zur „Mad Queen“ – zur verrückten Königin wurde – sondern wie man damit umgegangen ist. Diese Entwicklung ist in Denearys durchaus angelegt, vor allem vor dem thematischen Hintergrund von Game of Thrones.

Durch die gesamte Serie gehen die Figuren immer wieder an die Grenzen dessen, was moralisch oder vertretbar ist. Nahezu jede Person mit steigender Macht wird immer besessener von ihr und korrumpiert – angefangen beim irren König, über Robert Baratheon, der aus Eifersucht einen Krieg anzettelt, über Geoffrey, Margaery, Stannis, der bereit ist Kinder zu opfern oder Cercei, die selbst im letzten Moment nicht von Ihrer Macht loslässt. Oder eben Denaerys.

Dabei sind vor allem die weiblichen Figuren sowie die am Rande der Gesellschaft stehenden so interessant, weil ihr Machtstreben voll vom zweiten Themenkomplex berührt wird, nämlich Familie/Erwartungen/Regeln. Frauen, Gnome, Eunuchen und Unadelige wie Langfinger haben nicht die gleichen Rechte in der patriacharlen Welt von Game of Thrones und bedienen sich somit meist anderer Mittel, um ihre Macht auszuüben. Daraus zieht die Serie viele Folgen ihre Faszination. Wir lieben es den vermeindlich Schwachen dabei zuzusehen, wie sie an Stärke gewinnen.

Viele der edlen und nicht korrumpierbaren wie Ned oder Robb sterben. Die Starks werden erst da überlebensfähig, wo sie selbst nach Machtinteressen handeln (Sansa) oder sich dem Spiel entziehen (Arya, Bran, zum Teil Jon).

Wo steht der Zuschauer?

Die Geschichten spielten dabei immer auch damit, welche Partei man selbst als Zuschauer ergreift. War in Staffel eins mit Ned Stark noch ein recht klar gezeichneter edler Rittersmann vorhanden, verschwimmen diese Gut/Böse Schemen immer mehr.

Jedoch ist bereits Ned Starks erste Szene eine Enthauptung und zwar eine Enthauptung einer Figur, von der wir zuvor gesehen haben, dass sie vor den Weißen Wanderern flieht. Komischerweise sind wir hier gewillt – auch dank Neds Erklärungen – diesen Mord als nicht so schlimm anzusehen. Wir akzeptieren ihn im Rahmen der Welt, außerdem sagt Ned, man müsse den Leuten dabei in Augen gucken. Edel. Trotzdem startet die Geschichte damit, dass er einen Menschen tötet, der sich nicht den Regeln gebeugt hat, die sich irgendwann irgendjemand ersonnen hat. Zum Ende der Staffel wird Ned selbst enthauptet. Obwohl es die gleiche Strafe ist, erwirkt sie ganz unterschiedliche Reaktionen in uns. Es ist kein Zufall, dass die gleiche Art der Tötung bei der gleichen Figur Anfang und Ende der ersten Staffel darstellen, sondern ein gekonnter Kniff.

Es zieht sich durch die Serie, dass jeder mehr oder weniger geneigt ist, sich mit Gewalt oder Intrige besser in Position zu bringen. Denaerys war hier immer gradlinig. Sie hat nie einen Hehl aus ihrem Gewaltpotenzial gemacht – auch weil ihr als einziger Frau direkt nach Staffel 1 die Ketten ihrer Familie fehlten und den auferlegten gesellschaftlichen Regeln, welche in Westeros den Ton angeben. Zudem war sie stets als charismatische Herrscherin angelegt – jemand, dem man gerne folgt. Trotzdem hat Game of Thrones immer gesagt: Fast jeder ist korrumpierbar. Der Thron ist der Ring, der den Verstand der Personen vergiftete, die auf ihm saßen oder ihn haben wollten. Und nahezu jeder wollte ihn haben. Dieses eher gesellschaftliche Phänomen haben die Autoren in Staffel 8 auf die persönliche Ebene gezogen und damit einen thematischen Schwerpunkt kannibalisiert.

Charismatische Führerin statt Irre

Man hat sich entschieden, Denaerys als Verrückte zu zeichnen, die beim Klang der Glocken anfängt, die Bevölkerung niederzumetzeln. Aus der charismatischen Figur wird eine Bösewichtin, die so klar gezeichnet ist, dass die Zuschauer die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Leider haben D&D die Korrumpierbarkeit quasi in ihre Persönlichkeit integriert und damit die Chance genommen, Denaerys zunehmende Ruchlosigkeit langsam zu steigern und auf eine Art und Weise, die es dem Zuschauer schwer macht, falsch und richtig zu unterscheiden. Fakt ist, dass Denaerys diese Seite immer hatte. Fakt ist aber auch, dass sie sich stets zügeln konnte. Statt nun eines gesellschaftlichen Ereignisses oder eines, dass aufzeigt, dass Denaerys nur durch immer drastischere Mittel zu ihrem Ziel erreicht, entscheiden D&D sich dafür, dass das Klingen der Glocken Denaerys verrückt werden lässt. Puh! Dabei war das ALLES da. Cercei holt die ganze Bevölkerung als Schutzschild in den roten Bergfried. Wieso Denaerys nicht einen plausiblen Grund liefern, die Bevölkerung zu töten, um IHR ZIEL zu erreichen. Benioff und Weiss haben sich für Willkür und Verrücktheit entschieden und machen es dem Zuschauer damit leicht, die böse Seite zu erkennen. Und damit auch: Ihr alle seid einer Tyrannin gefolgt. Das ist auf der einen Seite sogar geschickt, weil dieser Stoß vor den Kopf die Zuschauer verwundert zurücklässt (das ist nicht mehr meine Denaerys), aber der Stoß zerstört auch jede Empathie mit der Figur und ihren Entscheidungen und entlässt den Zuschauer in einer klaren Ablehnungsposition. Man stelle sich nur vor, der Zuschauer hätte die gleiche Zerrissenheit gefühlt wie Jon und Tyrion. Man stelle sich nur vor, wir alle würden nicht merken, wie wir mit jemandem sympathisieren, der mehr und mehr von der Macht korrumpiert wird. Man stelle sich vor, wir würden anfangen zu rechtfertigen, dass es richtig war, was Denaerys getan hat oder wir es zumindest verstehen können.

Hinzu kommt, dass das Volk von Königsmund alles andere als loyal ist. Es tritt nur zu gerne auf gefallene Herrscher ein. Wieso hat man hier nicht den Zuschauer herausgefordert, Stellung zu beziehen, wie schon bei der Kreuzigung der Meister in Meeren? Immer wieder musste der Zuschauer seinen moralischen Kompass einstellen – ist diese Enthauptung durch Ned Stark jetzt okay, weil Ned stark so edel ist? Hat Walder Frey es verdient zu sterben? Ist es gut, dass Myrcella stirbt? Hat Orlanna richtig gehandelt, als sie Geoffrey vergiftete? Haben die Sklavenhalter es verdient, gekreuzigt zu werden? Sollte ein Mädchen am anderen Ende der Welt ermordet werden? Hat Viserys es verdient so zu sterben? Vor allem vor dem Hintergrund des Ziels der Figur. Um es auf den Punkt zu bringen – es gibt keinen Grund, Unschudlige zu töten und damit hätte man noch immer genug Potenzial gehabt zu zeigen, dass der Thron eben jeden korrumpiert – inklusive der Zuschauer. Game of Thrones ist auch eine Geschichte von Machtergreifung und charismatischen Führern, die im Klimax eine Despotin mit unbegrenzter Macht durch einen Drachen bekommt.

Denaerys Motive sind im wesentlichen edel. Sie will das ewig drehende Rad zerstören, wie sie es bereits in Staffel 5 angedeutet hat. Tatsächlich wäre es ohne ihr Tun wohl nie so weit gekommen. Es gäbe keine „Königswahl“ in der letzten Folge. Es gäbe noch immer die alten Ränkespiele, die alte Korrumpierbarkeit. Um es ketzerisch zu sagen: Bei den militärischen Fähigkeiten von Jon Snow wäre noch immer Cercei Königin. Was Denaerys von den meisten anderen Thronanwärtern unterscheidet ist lediglich, dass sie die dickste Wumme in Form eines Drachen dabei hat. Nicht umsonst bezeichnet Martin Drachen als die „Atombomben“ von Westeros. Die Macht des Drachen selbst korrumpiert Denaerys.

Wie den Zuschauer trotz Abkürzung mitnehmen?

Um den Zuschauer nicht völlig zu verlieren entschied man sich dazu, Jon als Spiegel zu benutzen, um Denaerys gute Seite „zu erzählen“. Das führte vor allem dazu, dass Jon an einen Alzheimpatienten erinnert, der sich alle 10 Minuten den gleichen Satz sagt. Jon ist unser Element, das Gute in Denaerys zu sehen und wenn man sich einfach mehr Zeit genommen und alles etwas anders erzählt hätte, hätte das auch funktionieren können. So zweifelt man lediglich an Jons Verstand, denn es ist ja mehr als deutlich, dass Denaerys scheinbar zur eiskalten Tyrannin geworden ist. Wir haben also Probleme Jons Entscheidung sie zu töten nachzuvollziehen. Allerdings nicht, dass er es tut, sondern wieso er sich so schwer damit tut (wo wir im übrigen wieder bei Mord als legitimes Mittel sind). Im Falle von Denaerys, die mit der Macht eines Drachen wirklich unbesiegbar wäre in Ordnung. Oder nicht? Denaerys Entwicklung endet also auf dem Höhepunkt der Macht, wie über die Folgen hinweg bei jedem, der auf dem Thron saß. Jeder von Ihnen ist gestorben.

Nach dem Tod von Denaerys zerstört ein Drache mit seinem Feuer den Thron, der ebenfalls durch das Feuer eines Drachen erschaffen wurde. Das Symbol der Korruption verschwindet. Ähnlichkeiten zum Schicksalsberg sind reiner Zufall (zerstört in dem Feuer, in dem er geschmiedet wurde). Hier haben wir einen Abschluss des Themas „Korruption durch Macht“.

Ein weiterer Faktor von Denaerys Wahn ist, dass Grauer Wurm in nur zwei Folgen zur unsympathischsten Figur der Serie mutiert. Auch er erzählt den Aufstieg vom gedrillten, versklavten Kind zur Freiheit, wo er schließlich zum Tyrannen mutiert, was dadurch verstärkt wird, dass Denaerys Figur zum Vorzeigebösewicht wird und damit auch ihre Gefolgschaft. Das wird auch dieser Figur nicht wirklich gerecht.

Auflösung des Themas an anderen Stellen

Wir haben nun eine Wahl- statt einer Erbmonarchie, das zahlt in beide Themen ein – allerdings ist das in meinen Augen nicht durchdacht. Eine Wahlmonarchie ist nicht weniger anfällig für Machtgier, als eine Erbmonarchie. Wieso nicht Demokratie? So weit ist Westeros nicht und das kann ich sogar nachvollziehen.

Also setzt man mit Bran eine Figur auf den Thron, die keinerlei Machtambitionen besitzt und die so gesehen keinem Haus mehr angehört. Bran sagt von sich selbst, er sei nicht mehr Bran Stark, sondern der dreiäugige Rabe. Brienne trägt am Ende auch nicht das Emblem der Starks auf ihrer Rüstung, sondern einen dreiäugigen Raben. Man hat sich also für jemanden außerhalb der Familien entschieden, was in beiden Themen einzahlt und eigentlich stimmig ist. Für mich ist nicht garnz klar, ob Bran als dreiäugiger Rabe sterblich ist und ob er wirklich nicht mehr dem Hause Stark zugerechnet werden kann. Das ist schlichtweg nicht erzählt worden.Hat man den Thron von nun an also auf ewig mit Bran besetzt? Jedenfalls ist Bran weit weg von Ränkespielen oder anderen Dingen. Das würde das Korruptionsthema ebenfalls auflösen. Die Frage die sich alle stellen, wieso Bran auf dem Thron sitzt, obwohl er die ganze Zeit NICHTS gemacht hat, kann also thematisch genau damit erklärt werden: Er sitzt da, weil er NICHTS gemacht hat. Genau das ist der Grund. Man darf allerdings nicht darüber nachdenken, dass die anderen Lords weder Brans Geschichte kennen, noch wissen, was ein dreiäugiger Rabe ist, da sie alle einer anderen Religion angehören. Ganz zu schweigen davon, dass seine erste Tat als König ist, den Starks ihr eigenes Königreich zurückzugeben und kein anderer (namentlich die Eisninsel und Dorne, die ja auch immer gerne unabhängig wären und was Asha sogar von Denaerys eingefordert hatte) eins bekommt. Ehrlich gesagt ist das schon wieder ein Schritt in Richtung Korruption und Vetternwirtschaft und einfach nicht sauber aufgelöst.

Die Erklärung von Tyrion, er habe die beste Geschichte und dass diese Begründung alle anderen Lords überzeugt, ist derart stumpfsinnig und zurechtgebogen, dass ich zwar das Ergebnis verstehe vor dem thematischen Hintergrund, der Weg dahin mir allerdings völlig dilletantisch erscheint. Genau das macht auch die Verwirrung aus, die ich anfangs nicht greifen konnte. Es fühlte sich zweitweise richtig und falsch zur gleichen Zeit an und ich brauchte eine Weile um zu verstehen, wieso.

Die anderen Figuren

Kommen wir nun zu den anderen Plots, den Auflösungen und den Punkten, wieso sich manches so richtig angefühlt hat, obwohl man nicht weiß wieso.

Jon ist die meiste Zeit ein Bastard und am Ende der rechtmäßige Thronfolger. Sein Gang in den Norden ist logisch, allerdings wäre für mich weitaus logischer, wenn er ihn selbst angetreten hätte. Wieso? Erstmal haben die Unbefleckten keinerlei ausübende Gewalt. Es sind Eunuchen und sie sterben irgendwann aus. Hinzu kommt, dass sie Westeros verlassen (und von Grey Worm in den Tod geschickt werden *hust*) und es einfach niemanden interessieren würde, wenn Jon NICHT an der Mauer wäre. Dann müsste man sich auch nicht ausdenken, wieso es noch eine Nachtwache gibt, die niemand mehr braucht und warum alle Wildlinge da scheinbar auf ihn gewartet haben. Jon geht dorthin, wo er schon in Staffel eins hinwollte. Er hat dort sein eigenes Königreich. Jon ist für mich eine Figur, die nie führen wollte und er bricht aus dem Themenkomplex Macht und Familie/Erwartungen/Regel aus, indem er in den Norden geht, der noch über dem Norden der Starks liegt. Und damit lässt er gleich zwei Familien und deren Erwartungen an ihn hinter sich.

Tyrion ist zur Hand ernannt worden, was schon mehrfach der Fall war. Damit hat er als letzter lebender Lannister die Grenzen seiner Familie überwunden, in der er immer der letzte in der Rangordnung war. Durch Brans Desinteresse am regieren, dürfte Tyrion der heimliche Herrscher der Sechs Königslande sein. Tyrion war stets jemand, der das Wort dem Kampf vorzog und dürfte damit eine gute Wahl aus thematischer Sicht sein. Eine massive Figurenentwicklung haben wir bei ihm aber nicht, weder persönlich noch thematisch. Die ist ab Staffel 7 im wesentlichen abgeschlossen und in Staffel 8 geschieht nichts Relevantes mehr, mit Ausnahme, dass er seinen besten Freund verrät und dass er freiwillig von seiner Macht als Hand der Königin ablässt und damit (wohl eigentlich) seinen Tod in Kauf nimmt. Jetzt darf man natürlich darüber nachdenken, ob sein Einreden auf Jon Snow nicht auch sein Mittel der Machtausübung ist, das ihm nicht nur die Haut rettet, sondern ihn auch noch zum (zweit)mächtigsten Mann in Westeros macht, nachdem er selbst den Vorschlag gemacht hat, die desinteressierteste Person der Welt auf den Thorn zu setzen (bin ich da jetzt etwa was auf der Spur??).

Sansa bekommt, was sie immer wollte. Der Norden ist unabhängig. Sie ist dabei eine potente Führerin, die nie Ambitionen auf die große Regentschaft hatte und damit ganz nach ihrem Vater kommt. Ich sehe sie nicht als „kleine Königin“. Sie hat ihr Ziel erreicht. Figurenentwicklung hat in der Staffel allerdings kaum noch stattgefunden und der einzige Bezug zur Entwicklung ist diese unsägliche Aussage zu ihrer Misshandlung, ohne die sie nicht die wäre, die sie ist. Sansa hat über die gesamte Serie hinweg genug Dinge mitgemacht an denen sie gewachsen ist, dass es ausgerechnet dieses Ereignis war, ist zweifelhaft.

Arya hatte mit dem Thema Korruption durch Macht nie was zu tun. Sie hatte nie ein Machtmotiv, sondern nur Rache. Sie durchbricht das Thema Familie/Erwartungen/Regeln, in dem sie sich ganz aus Westeros verabschiedet. Passend. Sie ist Königin ihres persönlichen Reichs.

Brienne huldigt Jamie im weißen Buch, der damit auch von einem Ritter der Königsgarde reingewaschen wird. Sie hat mit dem Ritterschlag im wesentlichen ihre Charakterentwicklung abgeschlossen und damit das Thema Familie/Erwarungen/Regeln hinter sich gelassen. Brienne hatte nie ein Machtmotiv.

Weitere Figuren bekommen ihre persönlichen Happy Endings, wie Sam, der als Maester auftritt, Bronn und auch Podrick, der nun ein Ritter ist. Bittersüß fand ich diese Enden nicht, sie waren überaus positiv und stellen für keine einzige Person eine richtige Strafe dar. Man könnte sagen, dass sie unterm Strich viel zu positiv für Game of Thrones sind.

Was war das mit dem Nachtkönig?

Und der Nachtkönig? Die ultimative Bedrohung, das Sinnbild des Todes? Ich rätsel noch. Die Bedeutung der Weißen Wanderer, die letztlich erschaffen wurden, um die Menschen zu vernichten, weil diese die Kinder des Waldes vernichteten. Die Weißen Wanderer sind eine Negierung des Menschlichen Lebens. Sie wollen keine Macht und über nichts herrschen, sie wollen einfach alles vernichten und töten. Sie werden als Brans Gegenteil bezeichnet und wären damit in der Machtallegorie der allesvernichtende Machthunger. Aber der Erzählstrang hat mich etwas ratlos hinterlassen, so dass ich hier nur vor mich hinspekulieren kann.

Tatsächlich merkt man hier, dass die meisten Endstränge vermutlich von George R. R. Martin kamen, der schon wusste, wo er mit seinen Figuren und dem Thema der Geschichte hinwill. Darum ist mein Gefühl zu der Folge auch so ambivalent, denn die Auflösung ist eigentlich stimmig, aber irgendwie – wenn man sich die letzten Folgen anguckt – auch nicht. Klar ist jedenfalls, in welche Richtung Weiss und Benioff die Figuren dann zwingen wollten. Manches ist und bleibt dabei fürchterlich zurechtkonstruiert und schadet leider nahezu sämtlichen Figuren. Einer der Hauptgründe ist und bleibt für mich dabei die viel zu schnelle Erzählweise, aber auch Entscheidungen bei einigen Charakteren, die ich nicht nachvollziehen kann. Von Logiklöchern, offenen Enden, zu vielen seltsamen Schnitten ganz zu schweigen. So hinterlässt mich die letzte Staffel und das Ende zwiegespalten. Allerdings war ich durchaus unterhalten. Ich habe mir die Folgen teilweise mehrfach angesehen und ich selbst war keine Sekunde gelangweilt. Außerdem hat mir die Staffel noch einmal viel über das Schreiben beigebracht. Darüber sich Zeit zu lassen, das Fehler passieren und wie wichtig es ist, Charaktere nicht auf Biegen und Brechen in den Plot hineinzubiegen. Staffel 8 stimmt mich traurig, weil ich der Serie ein sehr viel mächtigeres Ende gewünscht hätte. Es ärgert mich, weil so vieles vorbereitet und eingeführt wurde, was genau so einem Ende geführt hätte. Stattdessen sieht man enttäuschte Fans, die der eigentlichen Thematik nicht merh folgen können, Figuren, die scheinbar mit jeder ausgestrahlten Folge einen IQ-Punkt verloren haben und sich dämlich und anders verhalten, als man es von ihnen kennt.

Was ich noch mitnehme

Positiv werte ich die tollen Effekte und das hohe handwerkliche Niveau. Für mein Schreiben bin ich dankbar für diesen, vielleicht nie wiederkehrenden Einblick in die unterschiedlichen Herangehensweisen einer Geschichte. Das ist WIRKLICH Gold wert. An Game of Thrones kann man so viel als Autor lernen, wie man Dinge gut und wie man sie schlecht macht. Wie man Figuren zerstört, wie man den Zuschauer verwirrt und was passiert, wenn Figuren plötzlich Out of Character handeln. Ebenso wichtig ist das Thema Konsistenz, die so oft mit Füßen getreten wurde, dass der Zeh blau sein müsste. Auch über das Zeigen oder nicht zeigen von Szenen hat mit die letzte Staffel einiges beigebracht. Erzählökonimie ist wichtig und sinnvoll, aber Benioff und Weiß haben es damit derart übertrieben, das manche Dinge schlichtweg unter den Tisch gekehrt wurden. Und zum Schluss: Der Leser (oder Zuschauer) ist schlauer, als man meint. Er versteht die Dinge und er setzt sie richtig zusammen.

So bedanke ich mich für viele tolle Jahre mit einer tollen Serie, die mich zudem weiter hoffen lässt, dass auch die Buchreihe noch ihren Abschluss findet. Und das stimmt mich dann wirklich versöhnlich. Was sind eure Gedanken zur abschließenden Staffel von GOT? Was waren eure größten Aufreger? Was fandet ihr richtig gut?

Die aktuelle Season von Game of Thrones erhitzt die Gemüter. Die Showrunner David Benioff und D.B. Weiss sind dabei von gefeierten Helden zu Antagonisten herangereift. Die Kritiker formieren sich inzwischen derart, dass sogar eine Petition in Leben gerufen wurde, die aktuell 720.000 Unterschriften bekommen hat und damit mehr als Zehnfache davon, was zumeist deutlich gesellschaftlich relevantere Petitionen bekommen (change.org).

Auch ich bin kein riesen Fan der aktuellen Staffel und sehe viele Fehler und Dinge, die man besser hätte machen können. Die meisten Kritikerstimmen treffen den Ton und kritisieren das, was ich auch kritisiere. Hinzu kommt eine tatsächlich nicht erklärbare und unnötige Schlamperei von Benioff und Weiss. Dennoch finde ich, dass die „Fans“ inzwischen übertreiben. Letztlich haben wir hier zwei Kreative, die eine ganze Reihe Fehler gemacht haben, aber deren Arbeit auch unter völlig unfairen Mitteln verglichen wird. Immerhin haben wir hier noch eine Kreativleistung zweier Personen, die 99% der Kritiker nicht besser hinbekommen hätten.

Gründe für den Qualitätsabfall

Gründe dafür werden inzwischen viele genannt. Ich möchte in diesem Artikel mit einem aktuell populären, aber aus meiner Sicht unvollständigen Erklärungsversuch aufräumen und aufzeigen, wieso es Benioff und Weiss überhaupt nicht gelingen konnte, eine Staffel in der Qualität von George R. R. Martin zu Stande zu bringen.

Aktuell kursiert ein beliebter Artikel aus der Wired, der als Ursache für den Qualitätsabfall zwischen den Büchern von George R. R. Martin und den Drehbüchern von Benioff und Weiss den Unterschied zwischen Plottern und Pantsern zu Grunde legt. So interessant dieser Ansatz auch ist, so sehr halte ich ihn für einen Einseitigkeitsfehlschluss. Zwar schreibt der Autor des Artikels, dass auch Plotter erinnerungswürdige Charaktere erschaffen können und es nicht heißt, dass Outliner die schlechteren Autoren sind – aber genaugenommen sagt er dann doch genau das.

Dabei werden einige Punkte außer Acht gelassen. Zunächst einmal die Rahmenbedigungen, die schon alleine dazu führen, dass Benioff und Weiss nicht gegen Martin ankommen können und dazu noch der Schreibtechnische Ansatz.

Völlig unterschiedliche Rahmenbedingungen

Kommen wir zuerst zu den äußeren Bedingungen, die für sich genommen schon ausreichen, um diesen Ungleichen Kampf der Kreativen auszutragen. Wie eingangs geschrieben bin ich der Meinung, dass 99% der Kritiker es nicht besser machen würden. Denn es wird zwar zurecht immer wieder das Schreiben kritisiert, aber eine Staffel Game of Thrones zu drehen besteht eben nicht nur aus Schreiben.

Benioff und Weiss sind den Regeln des Business unterworfen, denen George R.R. Martin sich weitesgehend entziehen kann. Kurz gesagt, es geht um Zeit und Geld und damit um Zeit- und Kostendruck. HBO hat den beiden sicherlich nicht gesagt: „Schreibt die Geschichte, nicht schlimm, wenn es zehn Jahre dauert.“ TV oder Kino sind Business. Die Autoren müssen produzieren. Jeder Drehtag kostet Geld.

Faktor Zeit

Die erste Staffel wurde im April 2011 ausgestrahlt, man kann also von einem Drehbeginn irgendwann in 2010 ausgehen. Dass sind inzwischen also gut 8-9 Jahre, in denen die Autoren bereits vorhandene Bücher umgeschrieben und adaptiert haben – und das zum Teil herausragend – und schlussendlich auch noch zwei völlig eigene Staffeln erschaffen haben. Wie viele Bücher hat Goerge R.R. Martin in dieser Zeit fertig gestellt? 0.

Das ist keine Kritik an George R.R. Martin. Er hat eben den Luxus, sich dise Zeit nehmen zu können. Aber hier sprechen wir von völlig anderen Ausgangssituationen.

Faktoren Geld und Logistik

Wisst ihr, wie viele Personen an Game of Thrones etwa beteiligt sind? Es sind 3.589 Beteiligte. Wisst ihr, wie viele Angestellte der zweitgrößte Verlag Deutschlands, die Random House Gruppe, hat? 900 Angestellte. Eine Staffel Game of Thrones beschäftigt also knapp vier mal so viele Leute, wie der zweitgrößte Publikumsverlag Deutschlands. Laut der allgemeinen Definition ist ein Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern ein Großunternehmen.

Game of Thrones ist ein Großunternehmen. Nehmen wir nur an, dass diese 3.589 Beteiligten nur jeder 2.000 Euro pro Monat verdienen (was angesichts der Schauspielergehälter und anderer Dinge illusorisch ist) und dies über knapp 24 Monate, die die aktuelle Show gekostet hat, dann kommen wir nur für Personal auf einen Kostenblock von 172.272.000 Euro. George R. R. Martins Kostenblock dürfte in dieser Zeit geringer gewesen sein.

Hinzu kommen aber noch die anderen Produktionskosten, Effekte, Drehorte. Und man muss die ganze Leute choreographieren, dass sie alle zur gleichen Zeit genau da sind, wo sie sein sollen. Ich habe irgendwo gelesen, dass jede Folge der Staffel rund 15 Millionen Euro kostet, was deutlich weniger wäre als ich oben alleine für Personal hochgerechnet habe (vermutlich weil man nie alle 3.589 über alle Zeiträume benötigt), aber es wären immer noch knapp 90.000.000 Euro. Denn die Show ist immer aufwändiger geworden und HBO, da bin ich mir sicher, hat ziemlich penibel darauf geachtet, dass die Entstehung sich nicht unnötig in die Länge zieht.

Ein Buch von George Martin ist nicht teurer als Deins

Ein Buch von George R. R. Martin kostet in der Produktion genau so viel wie Dein Buch. Es ist nicht teurer geworden, weil es mehr Drehorte, Effekte oder Personen gibt. Das einzige, was hier mehr geworden ist, ist die Gewinnspanne. Das Buch ist ein goldenes Kalb – darum darf sich George R. R. Martin auch 8 Jahre Zeit lassen. Und ich und ihr – alle Kreativen wissen, dass Zeitdruck zwar hilfreich ist um eine Geschichte zu Ende zu bekommen, aber er hilft der Kreativität nur maximal phasenweise. Von dem Problem, dass manche Szenen einfach nicht gedreht werden können, weil das Geld fehlt mal ganz abgesehen (Stichwort Direwolf).

Der Dreh beginnt oft schon, noch während die Bücher geschrieben werden und es muss einfach viel schneller geliefert werden. Für mich der Hauptgrund für die Hudelei, die einen Großteil der Serie kaputt macht. Also merke Dir als Autor: Vermeide Zeitdruck und genieße die Freiheit, dass Du nicht auf Produktionskosten achten musst für das, was du erschaffst. Ist das nicht eine tolle Nachricht? Ist das nicht unglaublich befreiend zu wissen?

Ich bin also nicht verwundert, dass diese Staffel nicht die Qualität der Bücher von George R. R. Martin hat. Allein die Rahmenbedingungen sprechen dagegen.

Pantser versus Plotter

Aber was ist mit dem Ansatz, dass Martin eben ein Pantser ist, der nur die Samen sät und dann seinen Figuren beim gärtnern zuschaut, wohingegen Benioff und Weiss Outliner (Plotter) sind und das zu so einem Ergebnis führt.

Die Beobachtung ist erstmal richtig. Ich glaube auch, dass wir es hier mit genau diesen beiden unterschiedlichen Herangehensweisen zu tun haben. Dennoch ist dies nur der Arbeitsweg, die Art zu arbeiten. Vielleicht trinkt George R. R. Martin auch immer grünen Tee beim Schreiben und Benioff und Weiss trinken Kaffee und vielleicht ist das deswegen schlechter.

Okay, etwas provokant. Worauf ich hinaus will: Auch Outliner können ihre Outline und Ihre Figuren wie einen Garten wachsen lassen. Eine Outline entsteht ja auch irgendwie. Die kommt nicht aus dem Nichts, sondern sie entsteht im Zusammenspiel zwischen Autor und Figuren. In meinem Fall ist die Outline nichts anderes, als der völlig unausgereifte erste Entwurf eines Buchs. Doch wie sich die Outline entwickelt, das entwickele ich mit meinen Figuren zusammen.

Auch Martin hatte das Ende schon im Kopf.

Darüber hinaus bin ich mir sicher, dass auch George R. R. Martin von Beginn an wusste, in welche Richtung er die Geschichte entwickeln will. Es gibt einen 25 Jahre alten Entwurf von George R. R. Martin zum Ende der Serie. Damals war sie noch als Trilogie gedacht. Er hat also durchaus auch ein Ende im Kopf, denn anders lassen sich die vielen Hinweise und das frühe Foreshadowing mancher Ereignisse kaum erklären. Zudem war ER es, der Benioff und Weiss gesagt hat, wie die Serie etwa enden soll. Das ist nämlich auch so ein Punkt, dass die beiden ihre Figuren an den Fixpunkten von Martin entlanghangeln mussten. So gesehen hat Martin also auch geplottet

Was treibt die Geschichte an?

Was ist dann also das eigentliche Problem? Es ist nicht die Art zu Arbeiten (Tee oder Kaffee, Plotter oder Pantser), sondern die Frage nach dem Drive der Geschichte. Das war eines der ersten Dinge, die ich über Stories gelernt habe. Es gibt Geschichten, die Character-Driven sind und es gibt Geschichten, die Plot-Driven sind. Diesen Unterschied herauszuarbeiten fiel mir vor allem zu Beginn meiner Autorenkarriere nicht leicht – aber wer ein perfektes Besipiel dafür haben will, muss sich Game of Thrones ansehen.

Während Martins Erzählungen zu 99% Character-Driven sind, änderte sich das mit dem Punkt, wo Benioff und Weiss wussten, dass sie auf ein Ende zusteuerten und dabei noch die Punkte a) b) und c) abzuarbeiten hatten. Was passierte? Die Figuren begannen sich OOC, out of character, zu verhalten und erstahlten in glänzender Plot-Armor, dass heisst sie sterben nicht, egal wie unwahrscheinlich das ist, weil sie für den Plot gebraucht werden.

Es sind genau diese Brüche, welche die Figuren überhastet oder unglaubwürdig wirken lassen, und die D&D zu völlig idiotischen Argumentationen brachten (Die Glocken machen mich verrückt, wir lassen die Dothraki zuerst losreiten, wir fangen nur Missandei, oh ich habe die Eiserne Flotte irgendwie vergessen!). Ich wiederhole aber an dieser Stelle, dass das absolut NICHTS damit zu tun hat, ob ich vorher eine Outline schreibe oder vor mich hinpantse.

Das Risiko Plotdriven zu schreiben steigt, je mehr ich mich an externen Plotpunkten entlanghangele, die meine Figuren irgendwie erreichen sollen. Genau das haben D&D getan. Sie hatten ihre Eckpunkte, die es irgendwie zu erreichen gab und was nicht passend war, wurde passend gemacht. Das fällt in einer Geschichte, die für sich alleine steht gar nicht so auf. Aber bei Game of Thrones, das so liebevoll und breit mit vielen Figuren auserzählt wurde, wirkt es, als hätte man die Seele der Serie gleich mit entsorgt.

Meine ganz persönliche Meinung ist auch, dass das übermäßige Nutzen von Beatsheets ein großes Risiko von Plot-getriebenem Erzählen mit sich bringt, aber hier scheiden sich die Geister.

Geschichten aus den Figuren heraus entwickeln

Auch ein Outliner, der zuerst seine Figuren ergründet, deren Motive, Ängste, Needs und Glaubenssätze, der wird eine Character-Driven Outline schreiben und damit nicht so etwas abliefern, wie Benioff und Weiss. Der Hautpgrund liegt in meinen Augen an den Rahmenbedigungen – beide haben schon bewiesen, dass sie es besser können – Zeitdruck, Geld und einfach 3.000 Menschen und die damit verbundenen Unwägbarkeiten haben ihnen aber wohl einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Man kann also zu dem Schluss kommen, dass Geschichten, die aus den Figuren heraus entwickelt werden, einen höheren emotionalen Impact beim Zuschauer hervorrufen. Genau diese Kritik höre ich nämlich immer wieder; die Figuren verhalten sich so dämlich oder so anders, als wir sie kennen gelernt haben, dass den Zuschauern das Schicksal schlichtweg egal geworden ist.

Wenn man also eines aus der letztes Staffel mitnehmen kann, dann dass sie ein gutes Anschauungsmaterial für Autoren abgibt, wie unterschiedlich verschiedenen Herangehensweisen auf die Zuschauer wirken und wie man sorgfältig geknüpfte Verbindungen sehr leicht zerstören kann.

Quintessenz: Entspannt euch.

Also lehnen wir uns als Autoren einen Moment zurück. Genießen wir, dass wir nur unseren Figuren und unseren Geschichten verpflichtet sind und freuen wir uns über unsere Freiheit, in unseren Köpfen unendliche Welten entstehen lassen zu können, ohne auf 3.000 andere Menschen achten zu müssen. Manchmal kann Erfolg auch ein Fluch sein. Ich hoffe, auch diese Seite sieht man am Schaffen von Benioff und Weiss – denn so sehr ich auch mit der aktuellen Staffel hadere, so sehr haben die beiden auch Gutes für diese Serie getan.

Mit diesem Gedanken freue ich mich jetzt auf die letzte Folge, auch wenn ich mir wieder die Haare raufen werde. Was sind Eure Gedanken dazu? Wie schreibt ihr? Seid ihr Pantser oder Plotter? Habt ihr bei euren eigenen Geschichten schon mal den Unterschied zwischen Character und Plot-driven bemerkt? Ich freue mich auf Eure Kommentare.

Hört, hört!

Ich freue mich, euch bald eine neue Kategorie auf meiner Homepage vorstellen zu dürfen.

Eine Autorenhomepage ohne den Bereich „Veröffentlichungen“ fühlt sich unfertig an. Wie der BER. Wie eine Kaffeemaschine ohne Filter. Wie ein Benjaming Spang ohne Döner. Wie ein BroAuthor ohne Bart.

Dank cluewriting.de ändert sich das noch in diesem Jahr, denn ich gehöre zu den 45 Glücklichen, die in die Kurzgeschichtenanthologie aufgenommen wurden. Zu meiner besonderen Freude gehöre ich dabei nicht nur zu den 20 Autoren, die in die gedruckte Ausgabe beim Verlag 3.0 kommen, sondern meine Geschichte „Die Würde des Bal“ wird auch noch als eine von fünf in Hörbuchform vercluecastet.

Mir ist ein großer Stein vom Herzen gefallen, denn die Kurzgeschichte war der erste Text, den ich an die Öffentlichkeit gebracht habe. Unter so vielen hervorragenden Autoren (insgesamt 295, darunter auch die #BartBroAuthors Freddy Elting und Michael Behr) zum Kreis der Gewinner zu gehören ist eine Ehre. Jeder von uns Autoren kennt die inneren Stimmen die sagen, dass man nicht gut genug ist, dass man nicht wirklich flüssig schreibt. Sie sind nicht verstummt, aber gerade im Moment rufen sie ein wenig leiser.

Wie geht es weiter? Die Geschichte wird noch einmal redigiert und irgendwann nach dem 15.03.2017 veröffentlicht. Ab da findet ihr dann auch hier eine entsprechende Kategorie.

Bis Ende Februar (28.02.2017) veranstalte ich ein kleines Gewinnspiel: Trag Dich in meinen Newsletter ein. Alle auf der Liste (auch die, die schon jetzt Abonnenten sind) nehmen am Gewinnspiel teil und können eins von drei handsignierten Exemplaren der Antholgie gewinnen (nach Erscheinen, versteht sich). Ich ziehe die Gewinner per Zufallslos und informiere sie per Mail, damit mir die Adressen zugesendet werden können. Der Rechtsweg ist natürlich ausgeschlossen. Viel Spaß!

Dieser Link führt Dich direkt zu meinem Newsletter

Wer sich die nervenaufreibende Gewinnverkündigung noch einmal ansehen möchte, kann das hier tun.

Vielen Dank fürs Lesen und bis bald,

Dein Bruno

 

 


Marlakim hob den Arm. Einige Sekunden … achnee, Augenblicke … später erzitterte er von dem harten Schlag des geschliffenen Stahls … Stahl? Gab´s das wohl schon? Egal.

Er schwang nach vorne, legte all seine Kraft in diesen einen Stoß. Wozu hatte er Monate … Monate? Zyklen? Verdammt, haben die Monate? Wie messen die denn die Tage? Egal, ist ja der erste Entwurf … Monate trainiert. Echt jetzt? Trainiert? Hatte er auch einen Job? Und einen Boss? Geübt! Geübt ist besser! Wozu hatte er Monate geübt?

by Pixabay

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Kommt euch das bekannt vor? Wenn ihr Fantasy schreibt, vielleicht. Ich bin stetig auf der Suche nach den richtigen Worten. Von Zeit zu Zeit ist es eine Qual, sich zum weiterschreiben zu zwingen. Die Fragen die auftauchen kommen von einem nicht bis ins kleinste Detail zu Ende gedachten Worldbuilding.

Für mich ist Worldbuilding Mittel zum Zweck. Es dient der Geschichte. Es muss stimmig und gut überlegt sein, aber man kann sich bis ans Ende aller Tage mit Worldbuilding beschäftigen. Deshalb habe ich irgendwann damit aufgehört und merke jetzt während des Schreibens, wo ich nachbessern muss.

Würde ich das beim nächsten Mal anders machen? Vielleicht die ein oder andere Sache, aber manches fällt eben erst beim Schreiben auf.

Schwierig wird es, wo ich als „High Fantasy“-Autor nicht auf Referenzen zurückgreifen kann. Gerade bei „Show don´t tell“ ist es auch wichtig mit Bildern und Vergleichen zu arbeiten. Aber viele Begriffe habe ich nicht. Es gibt sie schlichtweg in meiner Welt nicht.

Er kann nicht gucken wie ein Auto, kalt sein wie die Arktis, dröhnen wie ein Presslufthammer. Er kann keine Frisur wie Friedrich der Große haben, eine schiefe Lippe wie Michael Douglas oder eine Stimme wie Mickey Mouse.

In der hohen Fantastik muss ich mir meine Referenzen selbst erschaffen und gleichzeitig aufpassen, dass ich den Leser nicht mit Exposition erschlage. Ich glaube, das ist ein Grund wieso Urban Fantasy so gut funktioniert und wieso so manche High Fantasy nur schwer zu Ende zu lesen ist.

Die Hintergründe müssen aus den Dialogen der Charakere entstehen, aus Konflikten und vereinzelten Internalisierungen der Charaktere. Immer in Scheiben, immer so viel, dass es die Geschichte vorran bringt und nicht ausbremst.

Ich habe mich dazu entschlossen, nicht alles neu zu erfinden. Noch hadere ich mit mir, ob es „Meter“ und „Kilometer“ geben soll. Auch bei den „Monaten“ bin ich mir nicht sicher. Aber ich nutze Referenzen, die der Leser bereits kennt und ändere sie etwas ab. Ich erfinde keine neuen Tierarten oder Pflanzen, sondern ergänze Bekanntes, wie George R. R. Martin das auch gemacht hat, bei den Schattenkatzen als Beispiel.

Im Feuerträger gibt es Legionäre, Zenturios und Konsule, auch wenn dort kein Latein gesprochen wird. Es ist ein schmaler Grat, auf dem man hier wandert – wo kann ich einen Begriff nutzen, wo ist dieser Begriff zu eng an einer bestimmten Epoche oder Historie gebunden? Ist es okay, einen Legionär statt einen Soldaten zu verwenden? Wäre Soldat denn in Ordnung? Sollte der Vollmond nicht lieber anders genannt werden?

Wenn es zu exotisch wurde, habe ich als Leser immer abgeschaltet. Ich habe lieber einen guten Lesefluss und bin dafür bereit, ein paar „geklaute“ Referenzen hinzunehmen, statt dass der Autor sich alles neu ausdenkt und mir Knoten in die Synapsen schreibt.

Wie denkt ihr darüber? Ist das ein No-Go in der fantastischen Literatur? Was geht, was geht nicht?


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