Ich knete meine Stirn während die Landschaft an mir vorbei fliegt. Auf den Bäumen liegt ein grauer Frostreif und ich kann die Kälte förmlich sehen.
Zum dritten mal lese ich den Satz der mich von meinem Bildschirm aus angrinst. Ich bin darüber gestolpert, er hat mich auf dem Lesefluss direkt an die Trockenwerft der Grübelei gespült, nur ich kann nicht sagen, wieso.
Ich drücke Strg+Shift+C und das Textfeld für den Kommentar öffnet sich. Ich schreibe erstmal „Lesefluss gestört“ und nehme mir vor, mir das später noch einmal anzusehen.
Ich sitze gerade an „Unstern“, dem Debutroman von Katrin Ils, die mich gebeten hat, darüber zu lesen. Für mich noch immer komisch, ich habe selbst ja noch nie bewiesen, dass ich schreiben kann, aber so ist das in einer Autorengruppe wie den #BartBroAuthors, man hilft sich.
Wie sehr ich helfe, kann ich gerade nicht einschätzen. Ich habe mein erstes Manuskript zum Probelesen gegeben, weil ich das Gefühl hatte, dass etwas damit nicht stimmt. Ich bekam es zurück und fühlte mich in alte Schulzeiten zurück versetzt.
Okay, der Ton unter Kollegen ist netter und am Ende schreibt niemand „Mangelhaft“ drunter, aber es gibt gewisse Parallelen.
Man gibt sein Werk zum ersten Mal an Dritte. Es ist sinnvoll, Autoren in diesen Prozess einzubinden, denn sie wissen wie über welche Probleme man stolpert und wie es sich anfühlt, das Geschriebene, das noch so verwundbar ist wie ein Neugeborenes, an einen Dritten zu geben.
Zurück kommt es bemängelt und kritisiert, rot umkringelt und von Hinweisen vernarbt .Ich gebe zu, das erste Lesen einer kritisierten Version verursacht erstmal Fluch(t)reflexe.
Wir sind es gewohnt, Anmerkungen mit Kritik und diese wiederrum mit einem Mangel an uns selbst gleichzusetzen. Daher resultieren die aufregenden Geschichten von uneinsichtigen Autoren; aber auch ein Lektor benötigt ein gewisses Feingefühl, um die Selbstzweifel seines „Schützlings“ nicht in ungeahnte Höhen schnellen zu lassen.
Dem Autor selbst hilft es erstmal sich klar zu machen, dass diese ganzen Anmerkungen Hilfestellungen sind. Wir sind nicht in der Schule. Ein mit rot ergänzter Kommentar führt nicht dazu, dass meine Arbeit mit „mangelhaft“ bewertet wird. Ich muss sie nichtmal annehmen, doch gut begründete Hinweise helfen ungemein, sich selbst zu verbessern.
Manchmal sieht man etwas selbst nicht oder, auch das kann sein, der andere hat mehr Erfahrung und kann mir Tipps geben.
Dennoch trifft es mich erstmal. Es ist leicht zu sagen, dass man sich nichts zu Herzen nehmen soll und dass der erste Entwurf immer Mist ist. Insgeheim hofft man ja doch, das Feedback wäre durchgehend positiv.
Habe ich Tipps für den Umgang damit?
Gib jedem Vorschlag eine Chance.
Befasse dich mit den Grundlagen des Schreibens, um einordnen zu können, ob der Hinweis berechtigt ist oder nicht.
Gib mehreren Leuten das Buch zum testlesen und achte vor allem auf Punkte, die von mehreren Leuten genannt wurden.
Sei dankbar, dass jemand so viel Zeit und Mühe in dein Buch investiert. Freiwillig.
Ich habe nicht jede Verbesserung meiner Texte angenommen. Es steht jedem frei Kritik anzunehmen oder abzulehnen, aber unterm Strich kann ich jedem nur dringend empfehlen, die eigenen Texte testlesen zu lassen und auch selbst Texte anderer Autoren zu lesen, wenn diese noch vor Veröffentlichungsreife sind. Das hat mir sehr dabei geholfen die Qualität meiner Entwürfe einzuordnen.
Das war für mich der eigentliche Gewinn, denn zuvor habe ich in meiner Blase vor mich hingearbeitet. Ich wusste nicht, ob das was ich schreibe gut ist oder nicht. Das Beta-Lesen bietet hier zwei Möglichkeiten – durch Kritik besser zu werden und durch die Hinweise die ich anderen gebe besser zu werden.
Meine Frau ist Lehrerin. Von ihr weiß ich, dass man die Kinder sich gegenseitig Dinge erklären lässt, weil das Gelernte dadurch besser verstanden und verankert wird. Genau diesen Effekt konnte ich bei mir auch beobachten. Ich verstand mit einmal, wieso eine Sache nicht so gut funktioniert oder was ich anders machen würde und vor allem, warum.
Darum lohnt es sich zuzusagen, wenn dich jemand fragt, ob du ein Buch testlesen willst. Selbst wenn Dein Zeitplan eng ist, wenn Du dafür die Arbeit an Deinem Buch nicht völlig einstellen musst, sag zu. Du bekommst es mehrfach zurück, als Dank, als Know How, als Karma ;-)
Danke für deine Zeit und bis bald auf meinem Blog.
Ich gebe meine Texte immer dann weiter, wenn ich ein gutes Gefühl habe, es also vorher schon einmal selbst korrigiert habe. Sonst fände ich es zu schlecht und würde es niemand anderem zeigen. Wenn ich es aber korrigiert habe, kann ich sagen, dass es von meiner Warte aus gut ist. ^^
Mir hilft dann die Kritik, mich und meine Texte besser einzuschätzen und diese zu optimieren, dazu dient die Kritik ja auch. Kritik nehme ich meistens an, außer ich sehe etwas komplett anders oder finde es so perfekt wie es ist. :-D
LG
Hanna
Hi Hanna,
danke für Dein Feedback. Wow bist Du schnell :-D Ich habe den Text noch einmal überarbeitet. Vielen Dank für Deine Rückmeldung.
Ich denke, der erste Punkt ist ganz wichtig. Einen Text abzugeben, den man selbst noch nicht überarbeitet hat, ist mutig und wird womöglich dazu führen, dass man erstmal an sich zweifelt. Ich habe das getestet ;-)