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„Die meisten Menschen wollen lieber durch Lob ruiniert als durch Kritik gerettet werden.“
– Sprichwort aus den USA
Als Person des öffentlichen Lebens ist man ständiger Kritik ausgesetzt.
Jogi Löw sieht sich bei jedem Spiel zehntausenden von kleinen Bundestrainern gegenüber. Eine richtige Entscheidung löst Jubel aus; ein Fehler – den möglicherweise nicht einmal der Trainer gemacht hat – und der Mob tobt.
„Mit diesem Bundestrainer können wir ja auch nichts gewinnen.“
Jeder kann ein Tatortdrehbuch besser schreiben als die Drehbuchautoren.
Jeder kann besser schauspielern als die Thomalla.
Jeder kann besser schreiben als Du. Oder zumindest genau so gut.
In der heutigen Zeit erleben wir ein Phänomen, das neu ist. Die Kritik, ganz gleich welcher Qualität, ist um ein vielfaches wahrnehmbarer als früher. Sie äußert sich in Shitstorms, aber auch in der Einzelkritik.
Wo früher im Wohnzimmer vor sich hingeschimpft wurde, findet Kritik heute Wege in die Öffentlichkeit, kummuliert sich, wird laut. Das kann wunderbar und positiv sein, kann soziale Bewegungen in Gang setzen.
Sie kann auch das Gegenteil bewirken; kann Menschen klein machen oder klein halten. Kann ihnen Angst machen.
Als Autor ist man per Definition eine Person des öffentlichen Lebens, jemand, der gelesen werden will, der wahrgenommen werden will.
Das zieht zwangsläufig Kritik nach sich und wir müssen, ob wohl oder übel, mit diesem Thema leben. Es lohnt sich also, einen Blick auf Kritik zu werfen. Was steckt hinter diesem Begriff? Kann man Kritik vermeiden? Wie geht man am besten damit um, wenn man kritisiert wird?
Was sagt Wikipedia?
Wikipedia definiert Kritik wie folgt:
1. Unter Kritik versteht man die Beurteilung eines Gegenstandes oder einer Handlung anhand von Maßstäben.
2. Neben der Bedeutung der prüfenden Beurteilung und deren Äußerung in entsprechenden Worten bezeichnet die Kritik – insbesondere in der Verbform kritisieren ebenso wie monieren[3] und die Monierung[4] – auch eine Beanstandung oder Bemängelung
Kritik bedeutet „trennen“ oder „unterscheiden“. Sie wird sprachlich differenziert von Skepsis, Verriss, Schmähkritik, Tadel, Rüge oder Nörgelei.
So zumindest in der Theorie. In der Praxis kann diese Unterscheidung nur treffen, wer sie kennt und wenn mein Buch auf Amazon eine 1 Stern Rezension erhält, ist es gar nicht so leicht herauszufinden um welche Kritikqualität es sich handelt.
Kritik ist in der heutigen Zeit, und das ist neu, ein Verkaufsargument. Ein Stern auf Amazon trifft nicht nur den Autoren, der mit Herzblut in sein Werk investiert hat, es trifft auch zukünftige Kaufinteressenten. Das verleiht dem Rezensenten eine gewisse „Machtposition“ gegenüber dem zu Kritisierenden.
Dieser Umstand löst bei Autoren sehr häufig Selbstrechtfertigungsreflexe aus, die das Lesen der Kommentare bei Amazon streckenweise spannender machen als das Buch.
Wie Wikipedia aufteilt, bedeutet Kritik zum einen, dass ein Gegenstand (oder ein Roman) an einem Maßstab gemessen und beurteilt wird. Romane sind keine Bananen und man kann sie nicht in DIN Normen zurechtbiegen. Dennoch gibt es bei Romanen Formen, es gibt Dinge die funktionieren und die nicht funktionieren. Eine Reihe Literaturkritiker haben sich mit diesem Thema auseinander gesetzt (Lessing, Schlegel, Heine…).
Es kommt auch darauf an, wer kritisiert
Ich bin ehrlich, ich fände auch eine Kritik eines Markus Heitz, Rainer Wekwerth oder Sebastian Fitzek toll, weil ich weiß, dass allesamt erfahrene Autoren sind.
Es gibt also eine Kritik, die ich (und ihr wohl auch) gerne bereit bin anzunehmen, nämlich wenn die „Beurteilung anhand von Maßstäben“ sich an der Erfahrung des Kritisierenden bemisst.
Beim Jiu Jitsu kritisiert der Sensei meine Körperhaltung und ich nehme die Kritik an, denn ich weiß, dass er es von seiner Position besser sieht und mehr Erfahrung hat.
Ich nehme die Kritik meines Lektoren an, weil er ein Profi ist.
Diese Form der Kritik ist wichtig für uns. Sie zeigt uns auf, was wir besser machen können, sie weist uns eine Richtung und wir akzeptieren sie, weil wir die Eloquenz des Kritikers erkennen.
Wertschätzende Kritik auf der Arbeit und im Leben sind Hinweise, Tipps. Sie ist wertvoll und sie sollte als solche geachtet werden.
Nun ist das beileibe nicht immer der Fall. Im Netz findet sich haufenweise Kritik, die diese Bezeichnung nicht verdient. Sie ist persönlich, beleidigend oder auch einfach nur nicht sachgemäß.
Eine Amazon 1* Rezension mit „Der Roman ist scheiße“ ist für den Autor in etwa so gewinnbringend, als hätte der Rezensent „Die Haare des Autoren sind hässlich“ oder „draußen ist es kalt“ als Begründung genommen. Sie hilft nicht, aber sie verletzt uns.
Es ist jetzt leicht zu sagen, man solle diese Art Kritik nicht so nah an sich heran lassen. Das ist zwar richtig, aber es gelingt dem einen besser, dem anderen schlechter.
Umgang mit unsachlicher Kritik
Wie also umgehen mit Kritik die
• Unsachlich und verletzend, zu allgemein gehalten, übertrieben oder darauf angelegt ist, uns klein zu halten? Die unsere Person infrage stellt?
Zunächst sollte uns klar sein, dass Kritik eine Meinung ist. Meinungen hat jeder. Man muss nichts können und nichts vorweisen, um eine Meinung zu haben. Es muss nicht mal die eigene Meinung sein, manchmal ist sie einfach von jemand anderem übernommen.
Du hast also das Recht eine Meinung abzulehnen, oder um es mit Terry Cole-Whittakers Buchtitel zu sagen „Es geht mich nichts an, was sie über mich denken“.
Da aber eine 1* Rezension auf Amazon kein Verkaufsargument ist, werden wir uns damit schwer tun. Um eine negative Kritik auszubügeln, benötigt man 3 positive Kritiken. Es ist allerdings festzustellen, dass Bewertungen auf Amazon zunehmend kritischer von anderen Amazonkunden gewürdigt werden, es ist also hier nicht alles verloren. Vor allem der Umgang des Kritisierten mit der Kritik kann hier eine Rolle spielen.
In vielen Fällen ist inhaltsleere Kritik verbunden mit einem Problem des Kritikers selbst.
1. Er mag dich als Person nicht. Das kommt vor im Leben. Man kann es nun mal nicht allen recht machen. Hier haben wir keine Kritik am Werk, sie ist somit nutzlos. Wenn jemand nicht mag wie ich rede, aussehe oder rieche, dann gehen die Person und ich uns am besten aus dem Weg. Man darf sich fragen, wieso diese Person sich dazu berufen fühlt, dann ein Buch von mir zu kaufen und auch noch zu bewerten.
2. Du tust nicht, was er will. Das ist eine recht häufige Art der Kritik. Eigentlich ist es keine Kritik, sondern eine als Kritik getarnte Aufforderung dich endlich so zu verhalten, wie der Kritiker es gerne hätte. Das findet man oft im privaten Umfeld. Vorsicht: Bei geliebten Menschen lohnt sich das hinhören und das hinterfragen der eigenen Einstellung. Allerdings nicht immer.
3. Der Kritiker ist mit irgendwas unzufrieden, das nicht in Deiner Hand liegt und braucht ein Ventil. Wer schon mal im Kundenverkehr gearbeitet hat, kennt das Gefühl ständiger Prellbock für die Launen der Leute zu sein. Diese sind meistens kurzfristig und finden sich nicht in Amazon Rezensionen wider, aber es soll vorkommen.
4. Der Kritiker hat schlicht und einfach vor, dich aus der Fassung zu bringen oder sich selbst zu erhöhen.
aber
Trotzdem genau hinhören
Wenn die Rezensionen sich häufen und immer und immer wieder die gleichen Dinge angesprochen werden, dann darfst du dir das gerne noch einmal ansehen.
Daher sollte folgendes im Umgang mit Kritik gelten:
1. Liefere die beste Arbeit ab, die du abliefern kannst.
Du bist Autor. Du trittst an die Öffentlichkeit. Du möchtest Geld für Dein Buch. Leser sind ein gewisses Niveau gewöhnt und sie sind sogar in hohem Maße bereit, Selfpublishern einige Fehler zu verzeihen. Aber Leser mögen es nicht, wenn sie das Gefühl haben, halbfertige unausgereifte Bücher vor sich zu haben. Diese Kritik habe ich schon hundertfach bei Amazon gelesen. Gib Gas, dann hast Du auch das nötige Selbstvertrauen zu Dir zu sagen: „Ich habe mein Bestes gegeben und kann über der Kritik stehen, wenn sie nicht angebracht ist.“
Dazu gehört auch, Dein Buch VOR Veröffentlichung von anderen Personen lesen zu lassen.
2. Schlafe eine Nacht darüber
Reagiere nicht sofort. Der Nachteil der breiten Kritikmasse bietet auch einen Vorteil. Sie ist nicht so direkt. Anders als mit dem Kollegen im Büro (die sich heute mit Kritik auch vielfach hinter E-Mail verstecken, weil sie doch nicht so mutig sind) musst Du nicht sofort reagieren. Schlafe eine Nacht drüber, lass den Zorn verrauchen.
Auch hilfreich: Schreibe vorher auf, was Du sagen willst. Lass alles raus. Lies es am nächsten Tag und dann schmeiß diesen Zettel in die Tonne.
3. Rechtfertige dich nicht
Wenn Du das Beste gegeben hast, musst du dich nicht rechtfertigen. Schreibt jemand „der Roman ist scheiße“, dann frage zB „Was genau hat dir nicht gefallen?“. Wenn der Kritiker darauf nicht mehr eingeht, erkennt auch ein Dritter, dass es mit seiner Kritik nicht weit her ist. Aber wer weiß, vielleicht bekommst du daraus sogar einen hilfreichen Hinweis?
4. Bleibe bei der Sache
Lasse dich nicht auf die persönliche Eben ziehen. Manche machen das nur zu gerne, am Ende büßt du Reputation ein.
Es hilft übrigens auch nicht, den Kritisierenden runterzumachen. Wenn ein Autor sich rechtfertigt oder gerechtfertigt wird (was öfter vorkommt, als ich gedacht hätte), lese ich oft das Wort „Neid“ oder „Neider“. Ich habe am Ende immer das Gefühl, dass niemand diese Diskussion „gewonnen“ hat. Der unbeteiligte Dritte hingegen hat sich ein Bild gemacht und nimmt im Zweifel eher Abstand vom Kauf.
5. Frage dich, welchen Einfluss die Kritik WIRKLICH hat
Wenn Du Ratschlag 2 nicht befolgst, ist jede Kritik ein grausamer Schlag. Du fühlst dich schlecht, es brodelt in dir. Du willst herausschreien „das stimmt nicht“ oder du kaust auf Deinen Nägeln und denkst „oh nein! Ist da wirklich so schlecht?“.
Am Ende stellst Du fest, dass die Kritik hohl ist. Im besten Fall noch schlecht geschrieben. Geh darüber hinweg, es ist eine Meinung, Du musst sie nicht annehmen, denn sie hat keinen wirklichen Einfluss auf Dein Leben.
6. Akzeptiere konstruktive Kritik
Sie ist Dein Treibstoff. Jede kritische 2-3 Sterne Kritik macht Dich als Autor besser. Ein wundervolles Beispiel für konstruktive Kritik, gepaart mit professionellem Umgang des Autoren habe ich bei Annika Bühnemann auf Amazon gefunden (Leider funktioniert der Link nicht mehr – sobald ich die Bewertung wieder gefunden habe, ist das Beispiel wieder verlinkt)
7. Sei dankbar für kritische Worte
In der freien Wirtschaft sind wir dankbar für jeden Kunden, der sich beschwert. Es gibt ganze Abteilungen mit Qualitätsmanagement. Wieso ist das so? Ein Kunde der sich nicht beschwert frisst seine Unzufriedenheit in sich hinein. Er packt seine Sachen und verschwindet, du siehst ihn nie wieder. Ein Kunde der sich äußert kann helfen Fehler und schlechte Prozessabläufe zu erkennen. Er bietet aber auch die Möglichkeit der „Heilung“. Durch freundlichen Umgang, durch Beseitigung des Fehlers (siehe Beispiel oben). So sind aus einstmals unzufriedenen Kunden schon richtige Fans geworden. Das bietet eine Chance, mache Dir das klar.
Ist die Kritik unsachlich, fies und persönlich gibt es ein paar Mittel, um sich aus der Wut und dem angegriffen fühlen herauszuwinden:
• Bedauere den Kritiker. Er ist kindisch, trampelt auf den Boden weil er nicht bekommt, was er will. Er kann einem leid tun mit seinem Versuch, nach Aufmerksamkeit zu rufen.
• Stell Dir den Kritiker als Cartoon vor. Als Ralph Wiggum von den Simpsons oder als jemand anderes, dessen Kritik dich eher zum Lachen bringen würde. Inklusive Stimmlage.
• Such nach dem Motiv des Kritikers. Welcher Typ ist er? Hat er Zuhause Ärger und will den loswerden? Ist er Misanthrop und sowieso immer mit allem unzufrieden
Versuche mit der Kritik abzuschließen und mach Dir klar, dass Kritik etwas wertvolles sein kann, das Kritiker Trainer sein können und dass sie keineswegs immer persönlich zu nehmen ist.
Selbst richtig Kritik üben
Umgekehrt, wenn Du Kritik gibst, achte auf die gleichen Dinge. Kritik ist wertvoll und jeder Autor ist dankbar für eine Rezension auf Amazon.
Achte darauf auf Dich bezogen zu schreiben („In meinen Augen hat …“, „Ich hatte das Gefühl …“). Auch wenn gerne gesagt wird, dass Kritik objektiv sein soll ist das Quatsch und ein Ding der Unmöglichkeit. Kritik ist äußerst subjektiv. Sie soll sachlich – also auf die Sache bezogen sein – aber sie spiegelt Deine Meinung wider.
Sei so konkret wie möglich („In meinen Augen wird zu oft das Wort „XY“ verwendet, so dass sich die Wirkung bei mir schnell abgenutzt hat“)
Lobe, was gut war („Hingegen hat mir sehr gut gefallen, dass …“)
Sei Dir als Kritiker klar darüber, dass Kritik je nach Persönlichkeit des Kritisierten als Angriff wahrgenommen und zu verbaler Verteidigung führen kann. Am besten verweist Du auf diesen Artikel :-)
„Nur wenige Menschen sind klug genug, hilfreichen Tadel nichtssagendem Lob vorzuziehen.“ – François de La Rochefoucauld
„Wer mir schmeichelt ist mein Feind, wer mich tadelt ist mein Lehrer.“ – Chinesisches Sprichwort
„Ich bin dankbar für schärfste Kritik, wenn sie nur sachlich bleibt.“ – Otto von Bismarck (1815-98), erster deutscher Reichskanzler
„Man wird nicht dadurch besser, dass man andere schlechtmacht.“ – Heinrich Nordhoff (1899-1968), ehem. Vorstandsvorsitzender von VW
„Um Kritik zu vermeiden: Tu nichts, sag nichts, sei nichts.“ – Elbert Hubbard (1856-1915), amerik. Schriftsteller
Heute konnte ich Mikaela Sandberg alias Michaela Stadelmann alias Textflash für ein Interview auf meinem Blog gewinnen. Michaela Stadelmann ist in Wesel am Niederrhein aufgewachsen. Seit ca. 20 Jahren lebt sie in Mittelfranken. Bevor sie in die Verlagswelt eintauchte, hat sie als Bürokauffrau und als psychologische Lebensberaterin gearbeitet. Ihren aktuellen Schweden-Krimi Schweig still findest Du bei Midnight Ullstein, darin geht es um die 14-jährige Nelli, die des Mordes an ihrer Mutter verdächtigt wird. Das Buch könnt ihr direkt über Ullstein oder bei jedem Onlinebuchhändler bekommen, hier der Link zu Amazon.
Wenn ihr Michaela folgen wollt, könnt ihr das auf dem Blog https://textflash.wordpress.com/
oder bei http://twitter.com/Textflash
http://www.facebook.com/Micha.Stadel
Interview
Erster Teil – Über Dich
1. Zu Deiner Person: Kannst du vom Schreiben leben? Falls nicht, was
machst Du, außer zu schreiben?
Wenn die Frage darauf abzielt, ob ich mit dem Schreiben ein regelmäßiges Einkommen erwirtschafte, lautet die Antwort: nein, derzeit (mal wieder) nicht. Ich erwarte jedoch, dass sich das mit mit der Veröffentlichung bei Ullstein wieder ändert. Um die Lücken zu füllen, lektoriere ich und gestalte Print- und E-Books für Autoren.
2. Wie bist Du dazu gekommen zu schreiben und seit wann schreibst du?
Bereits im Kindergarten habe ich die ganze EUROPA-Langspielplatten-Palette rauf- und runtergehört und die Geschichten mit verschiedenen Stimmen und allen Nebengeräuschen anderen Kindern vorgetragen, ob sie wollten oder nicht. Mit sieben Jahren bekam ich meine erste Barbie geschenkt und wünschte mir eine Barbie-Märchenplatte – die ich aber nicht bekam. Da musste ich mir selbst etwas ausdenken und schrieb meine erste Geschichte.
3. Seit wann schreibst du mit dem festen Vorsatz, zu veröffentlichten?
Seit 2007, was u.a. mit der Gründung des Wunderwaldverlags einherging. Ich dachte, mit einer wie auch immer gearteten Organisation im Rücken komme ich leichter ans Ziel, was aber nicht der Fall war. Deshalb habe ich den Verlag nach neun spannungsgeladenen Jahren im März 2016 wieder aufgelöst. Self- bzw. Hybrid-Publishing ist nervenschonender.
4. Wie hat Dein Umfeld darauf reagiert?
„Ach ja, schon wieder Künstlerkram.“
5. In welchem Genre schreibst Du?
Von 2013 bis 2015 habe ich Ballett-Jugendromane geschrieben, davor und zwischendurch Familienpersiflagen, einen Liebesroman, und jetzt bin ich beim Krimi angekommen.
Zweiter Teil: Publikation und Marketing
6. Ist Verlagspublikation oder Self-Publishing dein Weg?
Ich habe beides ausprobiert und fahre mit einer Mischung aus beidem ganz gut.
7. Wieso hast du dich für diesen Weg entschieden?
Bei der Verlagspublikation muss man m.E. unterscheiden, ob man selbst die Verlegerin ist oder verlegt wird. In meiner Zeit als eigene Herrin ist der Papierkram um die Publikation herum irgendwann so umfangreich geworden, dass mir die Lust vergangen ist. Und man muss auch ganz klar sagen, dass man viel Arbeit für wenig bis gar keinen Lohn hat, sich dafür aber extrem kritischen Autoren und Lesern gegenüber sieht. Da braucht man ein ziemlich dickes Fell.
Jetzt, mit Ullstein im Rücken, ist die Arbeit fast paradiesisch. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass der vorauseilende Respekt Kritik wesentlich vorsichtiger ausfallen lässt.
Da sich die Möglichkeiten für Self-Publisher im Laufe der Jahre immer mehr verbessert haben, brauche ich mir auch keine Gedanken zu machen, wenn der Verlag einen Roman ablehnt. Dann veröffentliche ich ihn eben selbst.
8. Wie lange musstest Du warten, bis ein Verlag ein Manuskript von Dir genommen hat?
Beim aktuellen Krimi „Schweig still“ hat es vier Tage gedauert, bis die Zusage von Ullstein kam. Das war übrigens mein bisher einziger Versuch, bei einem Verlag zu landen. Davor hatte ich ja selbst ein Verlägchen.
9. Was sind Deine besten Tipps, um auf einen Roman aufmerksam zu machen?
Bei mir funktionieren die Werkstattberichte ganz gut: Ich schreibe ein bisschen über die Hintergrundrecherchen, was mir am meisten Schwierigkeiten bereitet hat, interessante Zwischenfälle usw. Eine Weile haben sich meine Leser darüber amüsiert, dass ich die Protagonisten bis zur Fertigstellung eines Romans immer wieder umbenannt habe. („Na? Heißt Sabine heute immer noch so oder ist eine Anastasia draus geworden?“)
Am häufigsten werden die Posts über die Ausgeburten der Rechtschreibkorrektur gelesen. Hin und wieder schreibe ich auch „off topic“ und verrate etwas über mich – reposte bzw. reblogge bzw. retweete etwas und lenke (scheinbar) von mir ab. Kurz: Ich biete den Lesern meine ganz persönliche Sicht der Dinge.
10. Wie findest Du Deine Zielgruppe?
Ich gehe ins Internet – und da ist sie :-)
Dritter Teil: Gewohnheiten
11. Wie sieht ein gewöhnlicher Schreibtag von morgens bis abends aus?
In der Schulzeit jage ich morgens meine Familie aus dem Haus, danach kümmere ich mich um meine pflegebedürftige Mutter. Sobald ich eingekauft, meine E-Mails und den ganzen anderen Kram erledigt habe, schreibe ich ca. 1-2 Stunden am Stück, vorausgesetzt, es liegt kein Lektoratsauftrag vor. Danach koche ich, warte darauf, dass die Hausaufgaben wieder Ruhe in die Wohnung bringen – und dann kümmere ich mich um die Werbung, falls es keine familiären Sachen zu regeln gibt. Aber da gibt’s eigentlich immer was.
In der heißen Phase, wenn ich einen Roman unbedingt fertig bekommen möchte, schreibe ich vor allem nachts, weil ich dann meine Ruhe habe. Die Wochenenden sind übrigens tabu, außer ich bilde mir ein, eine Deadline einhalten zu müssen.
12. Auf welche Art entwickelst Du eine Idee zu einer Geschichte?
Ich schaue in der Buchhandlung, was gerade gefragt ist oder wo sich eine Nische auftut, in der es noch nicht viel gibt. Dann recherchiere ich eine Weile, bis mich ein Thema anspringt, und dann geht’s los.
13. 3-Akte, 5-Akte, 8 Sequenzen. Wie strukturierst Du Deine Geschichte?
Ich habe einmal eine siebenteilige Serie komplett so strukturiert, dass es pro Roman ca. 10 Kapitel à 10 Seiten gab. Aber das war sehr anstrengend, weil ich teilweise fast nichts, in anderen Kapiteln dann wieder viel zu viele Punkte abzuarbeiten hatte und notgedrungen das Exoposé immer wieder umschreiben musste.
Meist ist es jedoch so, dass ich mir zu Beginn überlege, welche Eigenschaften eine Figur mitbringt und welche Entwicklung sie durchlaufen soll. Danach bemesse ich die Abschnitte pro Person. In der Regel komme ich so auf 30-40 Sinnabschnitte.
14. Wie viele Stunden arbeitest Du pro Woche an Deinem Buch?
Wenn ich anfange zu schreiben, können es schon mal 20 Stunden pro Woche sein, damit ich zügig durchkomme. Zwischen den Romanen können jedoch auch Wochen ohne einen Tastenanschlag vergehen. In der Zeit plane ich Exposés.
15. Wie oft überarbeitest Du im Schnitt?
Ein- bis zweimal, da ich das Exposé vorab so genau anlege, dass idR keine tiefgreifenden Änderungen nötig sind. (Ja, das funktioniert tatsächlich.)
16. Wie motivierst Du Dich zum Schreiben?
Ich bin Autorin, also schreib ich den Scheiß-Roman!
17. An wie vielen Projekten arbeitest du gleichzeitig?
Ich habe immer nur eins auf dem Tisch, das durchgezogen wird, was auch für Exposés gilt. Falls ich Ideen für etwas anderes habe, schreibe ich sie auf und widme mich ihnen nach Projektabschluss. Ja, ich weiß, das klingt ganz schön unkreativ, aber so isses nun mal :-)
18. Was sind, aus Deiner Sicht, Deine 3 wertvollsten Gewohnheiten im
Bezug auf das Schreiben?
1. Bei Recherchen frage ich nach, bis meinem Gegenüber Hören und Sehen vergehen.
2. Ich kann mich darauf verlassen, dass ich eine Geschichte oder einen Roman zu Ende bringe, komme, was wolle.
3. Ungefähr in der Mitte des Schreibprozesses finde ich meinen Roman doof. Das ist insofern wertvoll, weil ich in dieser Phase die Unstimmigkeiten herausfiltere, die mir vorher vor lauter Begeisterung entgangen sind. (Blöd für den, der meine nochmalige Frage-Tour durchleiden muss, aber wer ins Impressum will, muss leiden.)
19. Wie viel der Zeit die Du schreibst macht dir Spaß und wie viel ist eher harte Arbeit?
Wem harte Arbeit keinen Spaß macht, sollte sich fragen, warum er nicht etwas anderes tut.
Oder in Zahlen ausgedrückt: 1 % Inspiration, 99 % Transpiration.
Vierter Teil: Inspirationen
20. Welches Buch über das Schreiben kannst du unbedingt weiterempfehlen?
Schreiben ist zwar ein Handwerk, das man erlernen kann. In erster Linie ist Schreiben jedoch so etwas wie eine Selbstanalyse, die individuell verläuft. Wenn jemand wirklich ein Buch über das Schreiben lesen will, dann sollte er sich Göttersagen in unterschiedlichen Ausgaben vornehmen, um die „Reise des Helden“ mit unterschiedlichen Sprach- und Schreibstilen nachzuvollziehen. Dabei lernt man mehrere Dinge gleichzeitig und wird auch noch gut unterhalten.
Das funktioniert übrigens auch, wenn man die Kataloge zweier Versandhäuser nebeneinander legt. Der IKEA-Katalog wird eher von vorn bis hinten durchgelesen als der Baumarkt-Prospekt, den man nur durchblättert. Und warum? Weil IKEA Geschichten erzählt. Und wie machen die das, die Schweden? Genau da setzt die Analyse an.
21. Was war der beste Ratschlag, den du in bezug auf das Schreiben
erhalten hast?
Man muss nicht schreiben, um zu existieren.
22. Welche drei Romane haben dich am meisten inspiriert und warum?
Das klingt jetzt wie Schleimerei, aber es ist tatsächlich so, dass mich Mareike Albrachts Krimi „Katz und Mord“ dazu veranlasst hat, den Schweden-Krimi zu schreiben. Ihr Roman spielt im Sauerland, was ich als Niederrheinerin total stark finde, denn ich wollte unbedingt wissen, was man zwischen Brilon und Dortmund alles anstellen kann.
Tolkien-Fans sollten die nächste Antwort nicht lesen: Im ersten Anlauf mit knapp 20 fand ich den ersten Band von „Der Herr der Ringe“ so langweilig, dass ich unbedingt einen besseren Fantasy-Roman schreiben wollte. Inzwischen habe ich alle drei (eigentlich sechs) HdR-Bände längst gelesen (die grüne Ausgabe!!!) und finde sie wunderschön. Dafür bin ich bei meinem eigenen Fantasy-Roman nicht über das Exposé hinausgekommen, weil ich mich noch nicht reif genug für ein Fantasy-Epos fühle. Vielleicht wird das auch nie der Fall sein – aber egal. Die Beschäftigung mit der Tolkienschen Sprache war herrlich.
Vom dritten Roman „Der Friedhof der Kuscheltiere“ ist die letzte Seite inspirierend gewesen, und davon eigentlich auch nur die Zeile: „Ihre Stimme war Erde.“ Dieser Satz bereitet mir nach wie vor wohlige Gänsehaut.
23. Mit welchem Romanhelden möchtest Du gerne einen Tag verbringen?
Wenn auch der Roman zum Film zählt, dann mit den Ghostbusters, und zwar mit denen aus den 1980er Jahren.
Fünfter Teil: Organisation und Persönlichkeit
24. Welche fünf Eigenschaften sollte ein Autor unbedingt besitzen?
Zielstrebigkeit, Selbstvertrauen, Durchhaltevermögen, Lernwille und jede Menge Mut.
25. Welchen Ratschlag möchtest du jemandem mitgeben, der gerade erst mit dem Schreiben begonnen hat?
Wanderer, wenn du eine schnelle Mark machen willst, lass alle Hoffnung fahren! Verkauf lieber Versicherungen, aber fass um Himmels willen keinen Stift an. Wenn du dich aber wirklich selbst entdecken willst: Leg los.
26. Familie, Arbeit, Studium, Schreiben, Vertrieb der Bücher, Social
Media. Der Kalender ist voll, was tust du, um nicht auszubrennen dabei?
Wenn ich mein selbst auferlegtes Pensum nicht schaffe, geht die Welt nicht unter. Und falls doch, liest sowieso keiner mehr, was ich geschrieben habe, also alles ganz easy …
Teil 6: Ausblicke und Einblicke
27. Glückwunsch! Du hast eine Fee gefunden und sie erfüllt Dir einen
Wunsch. Einzige Einschränkung, es muss etwas mit Büchern zu tun haben. Was wünschst du dir?
Dass überall auf der Welt Menschen jeden Alters Zugang zu elektronischen oder gedruckten Büchern haben, um sich zu bilden oder einfach zu entspannen.
28. Wenn Du eine Sache am Buchmarkt ändern könntest, was wäre das?
Es wäre schön, wenn das Gemecker über den deutschsprachigen Buchmarkt verstummen würde und wieder das garantierte Recht auf Meinungsfreiheit in den Mittelpunkt rückt. Das macht nämlich m.E. unseren Buchmarkt aus und nicht die Zahlendrescherei der Bestsellerlisten.
29. Zum Schluss was Handfestes: Welche Workshops, Lehrgänge, Coverdesigner, Lektoren und Korrektoren kannst du aus deiner bisherigen Arbeit empfehlen?
Es kommt drauf an, wem ich sie empfehlen soll. Jeder arbeitet anders, jeder hat Schwächen und Stärken, weil zwar alle Dienstleister, aber vor allem Menschen sind. Deshalb habe ich auch keine Empfehlung.
Liebe Michaela, vielen Dank für Deine ausführlichen und interessanten Antworten.
Alle bisherigen Interviews von Augenschelm fragt findest Du hier.
Wenn Du keine Interviews mehr verpassen willst (was ich Dir empfehle), trage Dich in meinen Newsletter ein. Klicke dazu auf diesen schönen Briefumschlag über den Kommentaren.
…
Geben Sie Ihrer Romanfigur ein Ziel, das sie unbedingt erreichen will. Stellen Sie die Figur vor Hindernisse, die sie überwinden muss, um das Ziel zu erreichen. In jedem Fall braucht sie ein Ziel.
Diesen Tipp kennt jeder von uns. Unsere Helden brauchen ein Ziel, eine Motivation um etwas zu tun. Ohne das irrt der Held durch die Welt, reagiert lediglich auf die von uns auferlegten Prüfungen, um sich letzlich zu einem Ergebnis durchzuringen, das keine klare Entwicklung erkennbar macht.
Also hauen wir uns Nächte um die Ohren, feilen an Zielen, erforschen Motive und skizzieren haarscharf den Weg, den der Held zu gehen vermag, freilich um ihn mit allerlei Hindernissen zu konfrontieren, je größer, desto besser.
Das können wir gut.
Aber gilt das, was wir unseren Helden angedeihen lassen nicht auch für uns? Was ist mit unseren Zielen? Irren wir auch durch die Welt und reagieren auf Ereignisse ohne zu wissen, wo sie uns hinführen? Haben wir am Ende eine Entwicklung durchgemacht? Bemerken wir das überhaupt? Geben wir uns annähernd die gleiche Mühe für unsere eigenen Leben, wie wir sie in unsere Helden investieren?
Es irrt der Mensch solang er strebt, sagt Goethe. Was macht ein Mensch der nicht strebt?
Womöglich irrt er auch, nur ziellos.
Nach einer ganzen Reihe Augenschelm fragt: Interviews, vielen gelesenen Ratgebern und durchstöberten Autorenhomepages fällt mir auf, dass erfolgreiche Autoren (u.a. Heitz, Eschbach) Zeitmanagement als Erfolgsfaktor nennen.
Aha? Was hat das mit Schreiben zu tun? Oder gar mit Zielen, wie die Überschrift es vermuten lässt?
Nun, Ziele – Motivationen – sind der Anfang von allem.
Andreas Eschbach antwortete einem Autor, der einen Tritt in den Arsch von ihm wollte, damit er sich endlich an sein Buch setzt, wiefolgt:
„Tut mir leid, den werden Sie von mir nicht kriegen. Sie können sich nicht aufraffen, ein Buch zu schreiben? Na, dann lassen Sie es doch! Das Letzte, wirklich das Allerletzte, was die Welt braucht, ist noch ein Buch. Es gibt genug davon. Mir fällt kein vernünftiger Grund ein, warum man jemanden dazu antreiben sollte, noch eines zu schreiben, dem der Drang dazu nicht von selber innewohnt.“
Harte Worte? Wahre Worte! Wieso solltest Du ein Ziel verfolgen, dass Dich offensichtlich nicht interessiert. Ich beschäftige mich von berufswegen viel mit Träumen und Zielen von Menschen. Früher waren das überwiegend finanzielle Ziele und Wünsche – ich will ein Haus, ich will ein Auto – und die überraschende Erkenntnis, dass man dafür im Vorfeld etwas tun kann. Später mit Menschen, die Firmen aufbauen wollten. Die Visionen hatten und diese verwirklichen wollten.
Diese Träume stehen am Anfang. Weit vor einem klaren Ziel oder dem tatsächlichen tun. Es ist dieses leise Hämmern, dieses „ich will das irgendwann mal“. Wir haben das alle. Jeder Autor, der meinen Blog verfolgt hat das.
Es sind die Dinge, die wir am Ende bereuen, wenn wir sie nicht getan haben.
Ganz am Anfang steht die Erkenntnis herauszufinden, ob das wirklich Deine Wünsche sind, Deine Träume. Das klingt sonderbar, aber Andreas Eschbach hat recht; wenn Du Dich nicht zum schreiben aufraffen kannst, wieso willst Du es dann? Willst DU es überhaupt? Oder hast Du das irgendwann mal beschlossen und dann nie wieder hinterfragt? Rennst Du diesem Traum hinterher wie ein Esel der Karotte, weil das irgendwie mal cool war oder weil Du mit vierzehn gute Aufsätze in der Schule geschrieben hast?
Es ist essenziell, die eigenen Träume regelmäßig zu hinterfragen. Kaum zu glauben aber wahr: Unsere Wünsche ändern sich. Heute, wo ich Papa einer kleinen Tochter bin, verheiratet und mit einem tollen Job, habe ich andere Träume als mit Anfang zwanzig. Sollte ich dann immernoch alten Wünschen nachhängen, weil ich das nie wieder hinterfragt habe?
Sicher nicht. Hier beginnt es. Mit Dir selbst. Nimm Dir einen abend Zeit, höre ganz tief in Dich und frage Dich Sätze wie:
- Was würde ich tun, wenn mir Geld und Anerkennung egal wären?
- Was möchte ich über mein Leben sagen, wenn ich irgendwann sterbe?
- In welchen Moment vergesse ich die Zeit, wann bin ich ganz bei mir?
- Was sind besondere Fähigkeiten von mir?
Viele Menschen die ich kenne, wagen sich an diese Fragen nicht heran, aus Angst vor den Antworten die sie erhalten. Dass sie möglicherweise über Jahre dem falschen Weg nachgegangen sind. Nun, es ist nie zu spät die Richtung zu ändern. Man muss nicht immer jung und dynamisch sein – man kann auch geduldig und erfahren sein.
Da dies ein Blog über das Schreiben ist, komme ich nun zu dem Punkt, an dem aus Wünschen die ersten zarten Knospen werden. Autoren wollen Autoren sein. Sie wollen schreiben und vielleicht vom Schreiben leben. Wenn Du die Frage 1 mit „schreiben“ beantwortest, bedeutete das im wesentlichen, dass Du vom Schreiben leben möchtest. Sei so ehrlich, trau Dich das zu sagen.
Wenn ich genug Geld damit verdienen würde, würde ich Schreiben.
Okay, das fühlt sich jetzt komisch an. Ihr bemerkt sicher den Schweinehund, der gerade jetzt neben euch sitzt und sagt, wieso das nicht geht, dass ich das so nicht sagen kann und dass es den meisten sowieso nicht gelingt.
Stimmt. Für nichts im Leben gibt es eine Garantie. Aber man kann seine Träume in kleine Schritte verpacken. Wenn man erfolgreiche Menschen fragt, ist genau das eine Ihrer Strategien. Kleine Schritte, diese gehen, mit Rückschlägen umgehen. Wie die Helden in unseren Büchern.
Ein Beispiel aus meinem eigenen Leben, wie ich ans Schreiben gegangen bin und wie ein heutiger, kleiner Schritt von mir aussieht.
Zu Beginn war das Wichtigste, Zeitfenster zu finden. Ich wollte schreiben, aber ich wusste nicht wann. Also habe ich mit etwas angefangen, was zunächst gar nichts mit Schreiben zu tun hat. Ich habe meinen Wecker gestellt. Auf fünf Uhr, statt auf sieben Uhr.
Die ersten Tage habe ich nur Kaffee trinkend aus dem Fenster gestarrt und mich gefragt, was ich da eigentlich tue. Dann habe ich irgendwann angefangen zu schreiben.
Nachdem ich umgezogen bin, ging das nicht mehr, weil ich nun 90 Minuten zu Arbeit pendel. Also habe ich mir angewöhnt, in der S-Bahn zu schreiben. Am Anfang habe ich nur gelesen, weil mir der Gedanke unangenehm war, dass mir jemand über die Schulter blicken könnte beim schreiben – das mögen Autoren schließlich gar nicht.
Heute ist es ein Reflex. Ich sitze in der Bahn, ich krame meinen PC raus. Wie bei Pawlows Hund.
Mein Schreibziel diese Woche (ich bin gerade in Elternzeit) war: Mindestens 5 Stunden Schreibzeit finden. Habe ich geschafft. Ich habe nicht definiert, was ich in dieser Zeit schaffen will, denn mit einem kleinen Kind ist es schwer genug, überhaupt die Zeit zu finden.
So können kleine Schritte aussehen.
Wieso ist das Wichtig? Gerade für Autoren?
Die meisten von uns verdienen ihren Lebensunterhalt nicht mit Schreiben. Das bedeutet, wir haben einen Berg von Aufgaben, die wir jeden Tag zu bewältigen haben. Wir haben Kinder, einen Job, Haushalt, Freunde, Eltern und Verwandte, ein Auto das zur Werkstatt muss, einen Frisörtermin, müssen Einkaufen, die Steuererklärung abgeben, wischen,Wäschen waschen, saugen, Sport machen, kochen, den Flur putzen etc.
Kurz gesagt, wir haben jeden einzelnen Tag genug um die Ohren. Wir kommen mit einem normalen Tag schon nicht hin und abends sind wir so platt, dass wir nichts mehr können, außer vor dem Fernseher zu hängen (übrigens ein guter Grund, Morgens zu schreiben ;-)).
Der Punkt ist, dass die Alltagsaufgaben von völlig alleine auf uns zukommen. Wir müssen uns nicht anstrengend, wir müssen keinerlei Energie aufwenden. Wäsche wird (fast) von alleine dreckig, das Auto geht so kaputt. Die Arbeit habe ich jeden Tag, ebenso wie putzen und es kommt auch vor, dass man Freunde hat, die sich bei einem melden (wenn man selbst die Freundschaften pflegt).
Was heißt das? Niemand, wirklich niemand, interessiert sich dafür, ob Du Dich hinsetzt und schreibst. Es liegt in Deiner Verantwortung, in Deiner Hand. Der Welt ist es egal, ob noch ein Buch entsteht. Selbst Deinen Freunden wird es oftmals egal sein, sofern sie nicht auch Autoren sind.
In der Uni gibt es Abgabetermine. Es gibt Freunde, die sauer sind, wenn Du Dich nicht meldest. Chefs, die wollen, dass Aufgaben erledigt werden. Wenn Du fremdbestimmt bist, kommen die Aufgaben wie von selbst und ebenso die Dringlichkeit sie zu erledigen.
Als Autor hast Du eventuell eine Deadline, wenn Du einen Verlag hast. Aber als Selfpublisher? Wer tritt Dir in den Hintern? Wer kommt und sagt: Du wolltest doch fertig sein? Wer legt Dir den Auftrag auf den Tisch, doch bitte das Buch zu Ende zu schreiben?
Alle Antworten, die Du Dir auf die obigen Fragen gibst, stehen an der Spitze der Pyramide. Sei es, dass Du Sänger, Rennfahrer, erfolgreicher Bio-Landwirt oder Autor werden willst. Das passiert nur, wenn Du herausfindest, welche der vielen, vielen Aufgaben die Du jeden Tag zu bewältigen hast, Dich Deinem Ziel näher bringen und diese verfolgst. Stur, konsequent, in kleinen Schritten. Meinetwegen nur zehn Minuten am Tag, aber dafür hartnäckig.
Das ist der allererste Schritt. Vom Wunsch, zum Ziel, zur Aufgabe. Wenn Du diese Aufgaben identifiziert hast, musst Du noch herausfinden, wie Du es schaffst, sie im Auge zu behalten, sie zu fokussieren. Prioritäten zu setzen, denn Du merkst schon, es ist nicht förderlich NUR das eine oder NUR das andere zu machen. Wenn Du jeden Tag schreibst, dafür alles andere liegen bleibt ist das schlecht für Deine sozialen Kontakte, für Dein Wohlbefinden und vieles andere.
Die gute Nachricht: Es geht. Die schlechte: Es geht nur mit Deinem Einsatz und Willen. Aber wenn Du hier konsequent bist, wirst Du Erfolge sehen. Sei es, weil Du es überhaupt schaffst, zu schreiben oder weil Du irgendwann tatsächlich ein Buch veröffentlichst.
Es gibt eine unerschöpfliche Menge an Tools, Tipps und Ratgebern. Wichtig ist herauszufinden, was für Dich funktioniert. Keine App der Welt, kein Ratgeber wird das für Dich lösen können. Sie können alle nur Tipps, Richtungen geben.
Welche Erfahrungen ich mit welchen Tools, Ratgebern und Blogs gemacht habe, werde ich hier nach und nach posten.
Damit genug von mir. Nun ran ans Schreiben – oder was auch immer Deine Träume sind :-)