Kreativitätstechniken und wie andere kreative sind.

Im Netz gibt es eine Menge zum Thema Schreiben. Es gibt jede Menge Kurse wie man schreibt und Geschichten entwickelt. Um dieses Angebot haben sich ganze Geschäftszweige entwickelt, so zum Beispiel die Plattform Masterclass.com. Ich habe meinen ersten Masterclass Kurs vor 4 Jahren belegt. Damals gab es überhaupt nur knapp 5 Kurse im Angebot, der von James Patterson war einer davon.

Gänzlich überzeugt hat mich das Format nicht. Nina und Benjamin haben dazu eine Autorenschnack-Folge gemacht. Immerhin kosten die Kurse knapp 99$ im Einmalabruf oder 200$ im Jahresabo – eine ordentliche Stange Geld.

Aber das ist nicht alles, an nahezu jeder Ecke kann man Schreibkurse buchen und besuchen. Über den Nutzen oder Nichtnutzen solcher Kurse werde ich mich in einem anderen Beitrag auslassen, ich selbst habe einige besucht. Mein erster Schreibkurs war der von Rainer Wekwerth, über den der ein oder andere vielleicht schon gestolpert ist.

Ein teurer Spaß

Durch eine kurze Internetsuche kommt man in kürzester Zeit auf zig Kurse, die alle vor allem eines gemein haben: Sie kosten ein Schweinegeld. Nicht selten werden da Summen von 100€ bis 300€ pro Monat ausgerufen. Der Nutzen ist im Vorfeld schwer zu beziffern. Aber wir alle wollen besser werden und was liegt da näher, als einen Trainer zu holen? Das macht man in anderen Lebensbereichen ja auch.

Ihr bekommt von mir heute auch einen Trainer, und zwar einen, der nachweislich Ahnung davon hat, was er tut. Hast Du schon einmal Wall-e gesehen? Findet Nemo? Toy Story? Vermutlich ist dir aufgefallen, dass das alles ziemlich gut erzählte Geschichten sind. Animationsfilme sind deshalb interessant, weil sie das pure Storytelling bieten. Dort gibt es keine versoffenen Schauspieler, die Texte vergessen und auch keine Stürme, die die Sets demolieren. Es wird das umgesetzt, was geschrieben steht.

Hinter den oben genannten Filmen steht Pixar. Pixar gehört zu Disney und irgendwie sind wir da wohl alle mit aufgewachsen. Es wäre doch toll, einmal Pixar über die Schulter zu gucken.

Lernen von echten Profis

Da habe ich gute Neuigkeiten, denn genau das geht. Und zwar völlig kostenlos. Ich habe ein kleines Netzfundstück, dass sich unter dem Bereich „Computing“ der Khan Academy versteckt, nämlich einen Kurs namens „The art of Storytelling“.

Doch genug der Rede. Der Kurs hat 6 Lektionen mit jeweils Videos und Aufgaben. Der einzige Haken: Du musst Englisch sprechen, denn auf Deutsch gibt es das Angebot nicht. Zum Aufwärmen habe ich das Startvideo auf meiner Seite eingebunden. Dann kannst Du schon einmal herausfinden, ob Du bei dem Sprachniveau mitkommst. Kleiner Tipp: Youtube bietet automatische Untertitel an. Die sind nicht immer ganz korrekt, aber helfen schon, einiges zu verstehen.

Der Kurs baut sich wie folgt auf:

  1. We are all Storytellers
  2. Character
  3. Story Structure
  4. Visual Language
  5. Film Grammar
  6. Pitching and Feedback

Ich freue mich, wenn Du dieses Fundstück auch mit anderen teilst. Geld liegt bei uns allen nicht in der Ecke. Bildung und Kunst sind Dinge, die grundsätzlich jedem zugänglich sein sollten.

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Ich freue mich auch über Kommentare: Wie hat Dir der Kurs gefallen? Hat er Dir neue Erkenntnisse gebracht? Was fandest Du besonders gut?

Viel Spaß.

Foto von Michael Marais on Unsplash

Die Diva Inspiration ist ein Mitglied der Dreifaltigkeit der schreibenden Zunft. Sie ist die gutaussehende Schwester der Schreibblockade. Während erstere ständig im Weg steht, laut dazwischenruft oder mal wieder Kaffee über die Tastatur gekippt hat, hat letztere die Grazie einer Hollywooddiva.

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Talent ist nur große Geduld.

~ Anatole France ~

Ganz leer läßt der liebe Gott keinen ausgehn; die Eltern und Erzieher müssen nur ausfindig machen, wo die Spezialbegabungen liegen.

~ Theodor Fontane ~

Es gibt schlechte Eigenschaften, welche große Talente machen.

~ François VI. Duc de La Rochefoucauld  ~

Das Beste findet sich dort, wo sich Fleiß mit Begabung verbindet.

~ Johannes Keppler ~

 


Daniel Tammet wirkt schüchtern mit seiner Nerdbrille und seinem zu groß wirkenden Mund. Er malt mit seiner Hand unsichtbare Zahlen auf den Tisch und murmelt leise. Dann gibt er seine Antwort und schiebt das verschmitzte Lächeln eines kleinen Jungen hinterher. So beginnt der Film „Brainman“. Tammet sollte die Zahl 37 mit sich selbst multiplizieren und zwar vier mal. Im Kopf.

Tammet ist Autist, ein sogenannter „Savant“. Seit einem Schlaganfall schweren epileptischen Anfall im zarten Alter von drei entwickelte der Junge

Copyright: Death to the Stockphoto

außergewöhnliche Fähigkeiten. Er hat für den Film eine Sprache gelernt, mit der er zuvor nie Kontakt hatte. Isländisch. Zeitrahmen: Eine Woche. Danach konnte er ein Interview im isländischen TV gegeben. In der Landessprache, wohlbemerkt.

Er spricht elf Sprachen und hat eine eigene (Mänti) erfunden. Er hat über Stunden 22.514 Nachkommastellen von PI referiert und damit einen neuen Europarekord aufgestellt.

Tammet gehört zu den wenigen Autisten, die über Ihre Fähigkeiten sprechen können. Wie merkt er sich das alles? Für den Normalsterblichen sind seine Ratschläge wenig hilfreich, denn Tammet ist Synästhet – Zahlen, Wörter, das alles hat für ihn eine Farbe oder Form.

Ohne Zweifel verfügt er über eine außergewöhnliche Begabung, ein schier unglaubliches Talent. Er hat Fähigkeiten, an die Normalsterbliche nicht heranreichen können.

Sie kamen über ihn, mit dem Schlaganfall epileptischen Anfall als Kind. Was ihm auf der einen Seite etwas nahm, verlieh ihm auf der anderen Seite jenen göttlichen Funken, den wir als Talent, Genie oder Hochbegabung verstehen.

Josuha Foer ist Wirtschaftsjournalist. Er gewann 2005 den US Championschip beim“Speed Card“-Wettbewerb, in dem er sich 52 Karten in 1 Minuten und 40 Sekunden merkte. Mit Hilfe sogenannter Mnemotechniken. Dabei behauptet Foer von sich selbst, eher vergesslich zu sein.

Er ist Journalist, aufgewachsen in einer Literatenfamilie als Bruder von Jonathan Safran Foer, den Du vielleicht durch das Buch und den Film „extrem Laut und unglaublich nah …“ kennst.

Foer kritisierte Tammet wegen Ungereimtheiten in seiner Vita. So behauptet Tammet, er könne sich wegen seines Autismus keine Namen merken. Im Jahr 2000 jedoch nahm er unter seinem bürgerlichen Namen „Daniel Corney“ an der Weltmeisterschaft im Gedächtnissport teil – und gewann in der Kategorie „Namen und Gesichter merken“.
Auf seiner Website schrieb Tammet damals, dass er diesen Sieg dem Einsatz von Mnemotechniken zu verdanken hatte – und löschte diese Beiträge später, als er begann sein Savant-Syndrom nach außen darzustellen. Die Inhalte konnte allerdings mit Hilfe von Webarchiven wiederhergestellt werden.

Ist Tammet möglicherweise gar kein Savant? Oder ist er Savant, hat seine unglaubliche Gedächtnisleistung aber dennoch antrainiert? Ich mag das kaum glauben, aber der Disput dieser beiden ist sinnbildlich für das Forschungsfeld der Talente.

Der zwischen ihnen ausgetragene Streit, ob eine Fähigkeit angeboten oder erlernt wurde, teilt die Wissenschaft seit vielen Jahrzehnten.

Aber nicht nur die Wissenschaft. Er teilt auch das Autorenlager.

Ohne Talent kein Buch

Einen Roman zu schreiben ist harte Arbeit. Das wissen wir alle. Wir brauchen Einfälle, Kreativität, Fleiß und wir müssen all unsere Ideen auch so auf Papier bringen, dass sie jemand lesen möchte.

In einem Forum las ich: „Entweder ich habe das Talent, dem Leser Dinge vor dem inneren Auge zu erzeugen, oder nicht. Dann sollte ich aber keine Bücher schreiben.“

Dieser Meinung sind auch 58% meiner Twitterfollower, die zum Großteil aus Autoren bestehen. Nur 37% sind der Meinung, dass Talent durch Übung ersetzbar ist. Überschaubare 5% sind der Meinung, Talent spiele gar keine Rolle

Es scheint kein Weg daran vorbei zu führen: Wenn Du kein Talent hast, wirst Du keinen Roman schreiben. Zumindest keinen, den irgendjemand lesen will.

Wie siehst Du das? Bist Du auch der Meinung, dass Talent Voraussetzung ist?

Das Problem mit dem Talent

Copyright: Deathtothestockphoto.com

Unter meiner Umfrage gab es zahlreiche Wortmeldungen. Viele ergänzten meine Umfrage um den Punkt: „Talent ist nötig, aber ohne Lernen nutzlos.“ Ich habe das nicht ergänzt, da es für eine Twitterumfrage zu lang war. Auf diesen Punkt komme ich später noch.

Was niemand fragte – und das wunderte mich, denn es war die erste Frage, die mir selbst in den Sinn kam – war, was Talent eigentlich bedeutet. Was ich darunter verstünde.

Ein Fußballprofi braucht andere Talente als ein Schachspieler, ein Musiker andere als ein Autor. Ja selbst ein Torwart braucht andere Talente als ein Feldspieler, ein Lehrer andere als ein Verkäufer.

Was ist denn „das Talent“, das man benötigt, um Autor zu sein? Sprachfertigkeiten? Welche davon genau? Ist es wichtig, dass ich möglichst viele Wörter kenne? Ist Imagination vielleicht wichtiger? Hängt das womöglich sogar von dem Genre ab, in dem ich schreibe?

Wie stellt man denn fest, ob jemand Talent besitzt? Am Wordcount? In der Anzahl der Rechtschreibfehler pro Seite? Anzahl der Adjektive? Verkaufte Bücher? Eine Geschichte ohne Logikfehler?

Was in Deinem Kopf ein tolles Bild auslöst, kann an mir spurlos vorbei gehen, folglich würden wir beiden womöglich das Talent ein und desselben Schriftstellers völlig unterschiedlich einschätzen.

Wer entscheidet über Talent?

Ein weiterer wichtiger Faktor ist, wer Dein Talent einschätzt.

Wenn Du Dein laienhaftes Umfeld fragst, ob Du Talent fürs Schreiben hast, werden Dir 80% antworten, dass Du talentiert bist. Fragst Du dagegen Andreas Eschbach oder, Gott hab ihn selig, Marcel Reich-Ranicki, wäre die Einschätzung womöglich anders ausgefallen. Fatal anders.

Es kommt darauf an, wer das Talent misst und wie er es misst. Gibt es eine objektivierbare Antwort darauf? Gibt es einen Talentmesser? Im Zweifel kann nur eine Person, die selbst fähig ist, über andere urteilen. Aber das ist ein Zirkelbezug: Wann ist denn jemand fähig?

Ein Großteil der Autoren meint, Talent sei nötig für das Schreiben. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass alle diese Autoren der Meinung sind, sie selbst besäßen Talent. Andernfalls würden sie es ihrer eigenen Angabe nach keine oder nur schlechte Bücher fabrizieren.

80% der Autofahrer meinen übrigens, sie fahren besser Auto als der Durchschnitt.

Ich freue mich über das gesunde Selbstvertrauen in meiner Zunft. Die Fähigkeit an sich zu glauben, ist in jedem Fall ein Erfolgsfaktor, also bleibt dabei.

Es gibt aber noch ein weiteres Problem wenn Du herausfinden möchtest, wer Talent besitzt.

Ob jemand ein Talent ist oder nicht, lässt sich nur im Nachhinein herausfinden.

Wenn Du Talent hast, wird sich der Erfolg zeigen und wenn du Erfolg hast, dann bist Du talentiert.
Man kann auch sagen: Wenn Du ein Buch geschrieben hast, dann hast du das Zeug zum Autor, weil du ein Buch geschrieben hast.

Das ist tautologisch und hilft Dir nicht dabei, die Frage zu beantworten, ob Du Talent benötigst um ein Buch zu schreiben. Aber es ist exakt der Grund dafür, wieso die meisten Autoren auch der Meinung sind, sie hätten Talent.
Unter Autoren wird Verkaufserfolg sehr häufig nicht mit Talent gleichgesetzt. Teilweise werden kommerziell erfolgreiche Werke und das Talent des Autors eher diametral entgegengesetzt eingeschätzt. Der Trend, das Gespür war lediglich das richtige.

Ich könnte jetzt ketzerisch fragen: Ist das nicht auch ein Talent?

Was also ist Talent?

Von der Etymologie ist Talent erstmal eine Maßeinheit. In der Bibel ist ein Talent eine Menge an Silbermünzen. Also etwas sehr zählbares. Erst im 16. Jahrhundert kam in England der Begriff im Zusammenhang mit Fähigkeiten auf.
Es ist nicht leicht, Talent von Begabung abzugrenzen. Der Forscher Albert Ziegler tat das, indem er ein Talent als jemanden bezeichnete, der „möglicherweise Leistungsexzellenz erzielt“, wohingegen ein Hochbegabter „wahrscheinlich Leistungsexzellenz erzielt“.

Was klar und eindeutig in der Forschung voneinander abgegrenzt wird sind Talente (oder Begabungen) und Leistung. Talentierte Menschen, die Leistungsexzellenz erzielen, werden Experten genannt.

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Der Begabungsforscher William Stern sagte 1916: „Begabungen sind immer Möglichkeiten zur Leistung, unumgängliche Vorbedingungen, sie bedeuten jedoch nicht Leistung selbst.“

Damit hat er eine bis heute gültige Beschreibung dafür geliefert, dass es zwar hilft Talent zu haben, man aber trotzdem am Ende Taxifahrer statt Physiker werden kann (ohne einem Taxifahrer auf die Füße treten zu wollen).
Es sagt aber wenig darüber, was Talent eigentlich ist.

Lange Zeit verortete man Talente in den sogenannten „intellektuellen Begabungen“, also sprachlich, räumlich oder logisch-mathematisch.

Der Wissenschaftler Howard Gardner prägte die Theorie der „multiplen Intelligenzen“, indem er den Begabungsbegriff um weitere Intelligenzen erweiterte, so beispielsweise um emotionale, interpersonale (wie gut kann ich mich in jemanden hineinversetzen), soziale oder köperlich-kinästhetische (Bewegung) Begabung.

Christian Fischer, Begabungsforscher an der Uni Münster, fasst das wohlwollend für uns alle zusammen: „Völlig untalentiert ist niemand.“

Er hat daraus ein Modell entwickelt, das neben dem vorhandenen Potential noch Persönlichkeitsfaktoren (Leistungsmotivation, Selbstregulierung) und Umweltfaktoren (Leistungstraining, Lehrcoching, Familie und Umfeld) ergänzt. Talent, also Anlagen, plus Persönlichkeitsfaktoren plus Umweltfaktoren ergeben Leistungsexzellenz.

Wissen wir jetzt, was ein Talent ist?

Wie misst man Talent?

Es gibt zwei Möglichkeiten. „Klassische“ Intelligenzen werden über einen IQ-Test ermittelt, Untertests ermittelt dann, ob es räumliche oder numerische Hochbegabungen gibt.

Im künstlerischen Bereich ist es schwieriger. Hier werden in der Regel Diagnosen in Wettbewerben oder Audits gestellt. Beispiel hierfür ist das Vorsprechen bei Schauspielern. Nicht selten werden diese Wettbewerbe mit bestimmten Förderungen verbunden, um Anreize zu schaffen, denn: Wer nicht hingeht, geht nicht hin. Es ist schon jetzt völlig klar, dass es viel weniger inneren Schweinehund braucht, sich zwei Stunden in einen großen Raum zu setzen und einen IQ-Test auszufüllen, als vor einer Jury vorzusprechen.

Jetzt stelle man sich einen Schauspieler vor, der alle Fähigkeiten besitzt. Aber er oder sie ist so schüchtern, dass sie sich nicht traut vorzusprechen. Abgesehen davon, dass das für den Beruf des Schauspielers schwierig ist, wenn man nicht vorspricht, würde diese Person niemals als Talent gesichtet werden. Das alleine zeigt schon, wie unterschiedlich die Begabungen sein müssen, die jemand mitbringt.

Für die Kunst gilt: Talent wird nicht gemessen, sondern eingeschätzt. Von anderen, von Lehrern und Ausbildern. In dem unten angehängten Interview sagt Titus Georgi, Schauspieler und Professor, dass es sich um eine höchst subjektive Bewertung handelt, die dadurch abgemildert wird, dass man mehrere Personen in eine Jury setzt. Ein Indikator: „Die Präsenz auf der Bühne.“ Man merkt in dem Interview, wie schwer es ihm fällt, das greifbar zu machen. Ja, was heißt denn „Präsenz auf der Bühne“… Naja, Talent halt.

Aber gibt es noch andere Möglichkeiten?

Ja. Im Sport nutzt man die Möglichkeiten der Technik.

Talent und Gene

Im Sportbereich wurden inzwischen etwa 200 Genvarianten identifiziert, die Einfluss auf die sportliche Leistungsfähigkeit haben könnten. Eindeutig nachgewiesen wurden zwei: ACTN3 und ACE.

Es deutet einiges darauf hin, dass es in vielen Sportarten hilfreich ist, die richtigen genetische Vorbedingungen mitzubringen. So lässt sich zum Beispiel die Muskulatur, die für Schnelligkeit zuständig ist, fast nicht trainieren. Jockeys oder Basketballer brauchen zum Beispiel eine bestimmte Körpergröße.

Aber es geht auch weniger offensichtlich.

Die Volksgruppe der Kalenjin besteht aus etwa 3,5 Millionen Menschen weltweit. Aber sie haben seit 1980 ungefähr 40% aller wichtigen Langstreckenrennen gewonnen. Bis 2016 haben es 17 Amerikaner (von 322 Millionen) geschafft, einen Marathon unter 2:10 Stunden zu laufen. Allein im Oktober 2011 haben 32 Kalenjin diesen Rekord geschlagen.
Es ist ziemlich deutlich, dass diese Volksgruppe eine besondere genetische Veranlagung für den Langlauf besitzt.

Dem entgegengesetzt sei eine Studie des Spaniers Alejandro Lucia von der Universität in Madrid. Er hat 7 Gene von 46 spanischen Athleten betrachtet, die Weltklasseleistungen im Bereich Laufen oder Radfahren erzielten. Die Gene waren unter anderem verantwortlich für einen verbesserten Stoffwechsel und größere Energie-Effizienz in der Muskulatur. Die Theorie: Sollte es nicht wahrscheinlich sein, dass unter Spitzensportlern ein Großteil auf annähernd 100% dieser Genkomponenten kommen muss?

Die besten 20 der 46 Sportler kamen auf einen Anteil von 75% der „optimalen Gene“, der Rest lag darunter. 100% erreichte niemand.

Auf 75% dieses Genprofil kommen aber etwa auch 5,3 Millionen andere, durchschnittliche Spanier, so

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dass Lucia sich zu der Aussage hinreißen ließ: „Ein gesunder, durchschnittlicher Spanier ist nicht durch sein Genprofil begrenzt, bei der Tour de France aufs Podium zu fahren.“

Dazu passt, dass es immer wieder Hochleister gibt, die von sich selbst behaupten, kein Talent zu besitzen. Albert Einstein (ich bin nur sehr neugierig), Jürgen Kohler (Fußball Welt- und Europameister, Champions League Sieger, Deutscher Meister) oder auch Ed Sheeran, der mit jedem neuen Album von Rekord zu Rekord eilt, behauptet, sein Talent betrage „höchstens 30%“.

Doch wie ist das bei Kopfarbeitern? Welche Rolle spielen die Gene hier?

Der IQ gilt gemeinhin bis zu 70% genetisch determiniert.

Aber der Sozialpsychologe James Flynn hat IQ-Test der vergangenen Jahre ausgewertet und ist dabei auf eine

Auffälligkeit gestoßen: Der IQ ist über die Zeit von 100 Jahren im Mittel von 100 auf 130 angewachsen. Die Menschen werden klüger, besagt der „Flynn-Effekt“. Gründe für das Wachstum: Lernstrategien, Wettbewerb, gesundes Essen; Medizin und eine Vielzahl anderer Faktoren.

So gab es mal einen messbaren IQ Unterschied zwischen Männern und Frauen – dieser ist heute in Industrienationen obsolet. Man kann IQ trainieren. Allerdings gibt es ein Plateau – das Skandinavien schon seit einigen Jahren erreicht hat.

Was, wenn nicht die Gene?

Der Schwede Karl Anders Ericsson hat sich in einer heute allgemein anerkannten Studie mit Genies und ihren Lebenswegen beschäftigt. Seine Forschungen führten zu dem Ergebnis, dass jedem noch so Hochbegabten eine Lehrzeit von etwa 10.000 Stunden voraus ging. Das sind etwa 10 Jahre. Erst nach zehn Jahren harter und intensiver Arbeit, wurden herausragende Werke geschaffen – das gilt auch für Mozart, der einfach sehr früh begonnen hat. Ericsson ist der Wegbereiter des „Nuture“-Lagers, also der Idee, dass Genie antrainiert werden kann.

Und er hat gewichtige Argumente.

Genie ist erlernbar, wenn bestimmte Rahmenbedingungen eingehalten werden. Das Stichwort: Deliberate Practice, also die hochkonzentrierte Arbeit außerhalb der Komfortzone.

Ericsson hat eine breite Anhängerschaft und es gibt tatsächlich Hinweise darauf, dass seine Theorie richtig ist.

In Asien wächst eine riesige Anzahl von hochbegabten Spitzenmusikern heran. Dort wird geübt, was das Zeug hält, von Kindesbeinen an. Und viele von Ihnen schaffen es, Exzellenz in ihrem Bereich zu erlangen.

Eines der eingängigsten Beispiele für Ericssons Theorie aber ist der Pädagoge Láslzló Polgár. Polgár hat, von den Werken des Amerikaners John B. Watson inspiriert, ein unglaubliches Langzeitexperiment an seinen eigenen Töchtern durchgeführt. Er war der festen Überzeugung, dass Talent erlernbar sei und hat seinen drei Töchtern das Schachspiel beigebracht, von Kindesbeinen an mit harten, langen Trainings. Er hat sie von der Schule abgemeldet und Zuhause unterrichtet.

Sein Ziel: Seine Töchter zu weltklasse Schachpielerinnen machen.

Alle drei Polgár Schwestern sind heute Schach-Großmeisterinnen und zählen zu den spielstärksten Frauen weltweit.

Vielleicht kann man auch Britney Spears, Michael Jackson oder Justin Timberlake dazu zählen, die seit Kindesbeinen an von ihren Eltern zu Musikern „erzogen“ wurden. Auch von den Venus-Schwestern im Tennis ist bekannt, dass sie gezielt von Ihren Eltern gefördert wurden. Es sei dahingestellt, wie gut es den Kindern letztlich getan hat, aber in dem trainierten Bereich erreichten sie zweifelsfrei eine Exzellenz und Bekanntheit.

Dr. Ingmar Ahl von der Karg-Stiftung für begabte Kinder fasst es so zusammen: „Die Vorstellung, dass ein Genie vom Himmel fällt, ist absoluter Kitsch. Andererseits wissen wir aus der Expertiseforschung sehr genau, dass Übung alleine nicht reicht. Somit sind wir sozusagen auf das verwiesen, was dazwischen liegt.“

Gemeint sind die Persönlichkeitsmerkmale und Umfeldbedingungen. Fairerweise sagt er selbst: „Wir sind uns alle nicht einig, was Begabung eigentlich ist. Wir wissen auch alle nicht, was ein Talent ist.“

Dieser Blogbeitrag fing mit einer harmlosen Idee an und entwickelte sich zu einem 8 Wochen langen Recherchemarathon. Am besten lässt er sich wohl mit den Worten eines weiteren Genies zusammenfassen:

„Da steh´ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor!“

Brauchst Du nun Talent als Autor?

Wie viel Talent hat J.K. Rowling. Was genau sind ihre Talente? Was sind die Talente von J.R.R. Tolkien, William Somerset Maugham, George R.R. Martin, Charles Dickens, Jo Nesbo?

Ich bezweifle nicht, dass es sich bei ihnen allen um Hochbegabte oder zumindest stark talentierte Menschen handelt, deren am meisten ausgebildeten Talente aber wahrscheinlich in völlig unterschiedlichen Bereichen liegen.

Jo Nesbo beispielsweise war als Finanzanalyst erfolgreich. Er wäre beinahe Profifußballer geworden, hat mit seiner Band mehrere Top10 Platzierungen in den norwegischen Charts und als Autor Millionen Bücher verkauft. Den meisten fällt es schwer, in nur einem Bereich erfolgreich zu sein – es deutet schon darauf hin, dass er eine gewisse Begabung für das hat, was er tut. Oder er hat die richtigen Lerntechniken bzw. das richtige Umfeld. Seine Mutter ist Bibliothekarin.

J.K. Rowling war alleinerziehende Mutter und Sozialhilfeempfängerin, als sie an ihrem ersten Harry Potter schrieb. Welche Fähigkeiten waren da wichtig, um nicht aufzugeben? Ist es entscheidender gewesen, sich gut organisieren zu können, niemals aufzugeben oder war es ihre Fähigkeit, schöne Sätze zu schreiben?

William Somerset Maugham war früh Waise und stotterte als Kind. Sein frommer Onkel steckte ihn von einem Internat in das nächste. Was hat ihn wohl dazu gebracht, beim Schreiben zu bleiben?

Welche Faktoren nun jeden der oben genannten zu einem außergewöhnlichen Autoren gemacht haben, lässt sich nicht sagen. Wir beobachten wieder einmal nur rückwirkend und was wir sehen ist das Ergebnis, nicht aber die Faktoren, die zum Ergebnis geführten haben.

Was also hat Talent für Dich konkret für eine Bedeutung?

Marie von Ebner-Eschenbach sagte dazu: „Für das Können gibt es nur einen Beweis: das Tun“.

Es ist schwer bis unmöglich vorherzusagen, welche Eigenschaften zum Erfolg führen. Es lässt sich aber relativ klar sagen, dass intensives Üben dich besser macht. Schaffst Du es, 10 Jahre lang täglich drei Stunden außerhalb Deiner Komfortzone zu lernen, kannst Du zu einem echten Großmeister werden. Darauf deutet alles hin.

Ericsson meint, dass das Lernen das einzig Entscheidende sei. Oft wird kritisiert, dass man ein Kind eben nicht zu etwas zwingen kann, dass es nicht will und von daher kann das Kind in einem erzwungenen Bereich auch keine Expertise entwickeln. Es kann eben nicht jeder alles lernen und ein Genie werden.

Aber wir beschäftigen uns alle freiwillig mit dem Schreiben. Wir machen das, weil irgendetwas bereits in uns ist. Von Kindesbeinen an haben wir Stunden mit Lesen verbracht, der Grundlage fürs Schreiben. Wir haben Fantasie entwickelt, als wir uns in die Geschichten eingelebt haben, haben spielerisch mit Worten gespielt, Filme gesehen und uns in die Welten geträumt.

Selbst jene wie ich, die erst mit über dreißig auf die Idee kommen, ein Buch zu schreiben, haben diese Grundsteine bereits gelegt. Jo Nesbo hat erst mit 37 seinen ersten Roman veröffentlicht.

Vergeude Deine Zeit nicht damit, dich zu fragen ob du Talent hast oder nicht.

Ich sage es kurz: Dein Talent spielt keine Rolle. Wenn Du jetzt hier stehst, Autor bist oder es werden willst, dann hast du den Grundstein bereits gelegt. Dann ist in Dir irgendwas, das raus will.

Talent spielt keine Rolle, weil Du nicht weißt, welches Talent Du für Deine Lebenssituation genau benötigst. Es spielt keine Rolle, weil Du es vielleicht schon besitzt und es lediglich nicht weißt. Talent heißt nicht: Schön schreiben können. Das kann man lernen. Als wir geboren wurden, konnte keiner von uns schreiben.

Wenn Du gerne schreibst und bereit bist, viel Zeit, Geduld und Übung zu investieren, kannst Du ein guter Autor werden.

Nutze das.

Und dann heisst die Devise: Üben, üben, üben. Lerne, hole Dir Feedback. Tausche Dich aus. Notiere Dir Fehler, guck was Du falsch gemacht hast, mach es besser. Schau auf gute Autoren, versuche zu verstehen, was sie getan haben in ihren Büchern. Und dann fang von vorne an. Lies Ratgeber, mach Kurse mit. Finde alles scheiße was dort gelehrt wird und finde deinen eigenen Weg.

Womöglich hilft es auch, Dein erstes Buch nicht zu veröffentlichen. An Scheitern wächst man – gibt Dein Werk an Agenten und Verlage und hole Dir Körbe ab. Wachse daran und mache weiter.

Aber verdammt nochmal: Mach weiter.

Niemand kann sagen, was ein wirklich guter Autor ist. Niemand weiß, welcher der veröffentlichten und erfolgreichen Autoren talentiert ist oder wer einfach viel gelernt hat. Es sind auch nicht alle gleich gut, aber viele sind gut genug um tolle Literatur zu schreiben. Es muss ja auch nicht jeder Cristiano Ronaldo sein. Vielleicht reicht auch Hans Sarpei. Dann kannst du trotzdem vom Schreiben leben und hast eine große Anhängerschaft.

Und dann am Ende, in ein paar Jahren, wenn Du vom Schreiben lebst und die Leute Dich gerne lesen, dann sagen vielleicht einige von ihnen: Du bist ein talentierter Autor. Denn Du hast gute Bücher geschrieben.

 


Danke, dass Du dran geblieben bist. Alle meine Quellen hängen diesem Artikel an. Hörenswert ist dieser Podcast der Volkswagen Stiftung. Für alle, die Lust haben etwas tiefer in die Materie einzutauchen:

Quellen:

https://www.chesspoint.ch/blog/schachgeschichte/das-polgar-experiment

https://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article142696789/Warum-der-IQ-der-Menschen-steigt-und-steigt.html

https://www.aponet.de/aktuelles/kurioses/20150413-schulmuffel-lernunlust-ist-zum-teil-vererbt.html

http://www.stangl-taller.at/TESTEXPERIMENT/testintelligenzhochbegabt.html

https://www.uni-trier.de/fileadmin/fb1/prof/PSY/HBF/terman.pdf

https://www.uni-trier.de/fileadmin/fb1/prof/PSY/HBF/mindmag79-tgb.pdf

https://www.uni-trier.de/fileadmin/fb1/prof/PSY/HBF/mindmag74-tgb.pdf

https://www.uni-trier.de/fileadmin/fb1/prof/PSY/HBF/mindmag75-tgb.pdf

https://www.uni-due.de/imperia/md/content/dia/mindmag101-tgb.pdf

http://www.deutschlandfunkkultur.de/das-erlernbare-talent.950.de.html?dram:article_id=137876

http://www.zeit.de/2015/44/talent-uebung-musik-lernen-forschung/seite-2

http://www.spektrum.de/news/wenn-krankheit-kreativ-macht/1221371

http://jmg.bmj.com/content/45/7/451.full

http://www.tagesspiegel.de/wissen/ursachen-von-dyslexie-und-dyskalkulie-lesen-rechnen-und-die-gene/10176936.html

http://www.kicker.de/news/fussball/bundesliga/startseite/636576/artikel_kohler-wird-50_ich-brauche-die-bundesliga-nicht.html

http://www.businessinsider.de/anders-ericsson-how-to-become-an-expert-at-anything-2016-6?r=US&IR=T

http://www.zeit.de/2016/35/sportliches-talent-sport-training-olympia-psyche-erfolg-gene/seite-2

http://www.focus.de/wissen/mensch/psychologie/tid-14115/psychologie-alles-nur-uebung_aid_387226.html

http://www.wiwo.de/erfolg/management/gastbeitrag-was-ist-talent-und-wie-kann-man-es-foerdern/8699514.html


„Sie gehören wohl auch zu den Menschen, die Organisation für ein Verbrechen halten.“

„Richtig. Man hört schließlich überall von organisiertem Verbrechen. Das Wort Verbrecherorganisation kommt ja nicht von ungefähr. Damit will ich nichts zu tun haben.“

„Ich dachte auch eher an die Organisation ihres Arbeitsplatzes.“

„Mein Arbeitsplatz hat eine eigene Organisation?“

„So wie ich das sehe nicht, nein.“

„So ein Glück, für einen Moment haben Sie mich ganz schön erschreckt.“


Am ersten Arbeitstag stand ich mit einem Lächeln im Büro. Endlich der langersehnte neue Job. Firmenkunden, wow. Man steckte mich zu Kollegen A, zu Kollegen B, zu Kollegen C.

A gab mir eine Aufgabe. B gab mir zwei, C gab mir fünf. Am nächsten Tag hatte ich gerade einmal eine davon erledigt, weil ich die Hälfte nicht verstand, die ganzen Infos direkt wieder aus meinem Hirn herauspurzelten und drei neue Aufgaben dazu kamen.

Ich notierte alles auf einem Post-It, klebte ihn irgendwohin und vergaß, wo das war. Manchmal verstand ich meine eigene Notiz nicht. Andere Kollegen erfuhre, dass ein neuer Trainee da war und schoben mir allerlei Kram auf den Tisch, der den Stapel wachsen und wachsen ließ. Ich fing immer an das abzuarbeiten, was mir als letztes auf den Tisch gelegt wurde.

Es dauerte nicht lange, bis mir klar wurde, dass ich etwas ändern musste. Ich bin von Natur aus vergesslich, ein wenig unordentlich und schlecht organisiert. So gesehen bin ich der Prototyp eines Kreativen. Ich gehe von Raum A nach Raum B um etwas zu holen, während meine Gedanken sonstwohin wandern. Dann stehe ich in Raum B und habe vergessen, was ich dort wollte.time-273857_1920

Bei der Arbeit ist das hinderlich. Beim Schreiben ist das hinderlich. Es ist sogar zu Hause beim Ordnung halten hinderlich. Ich setze hierbei relativ viel auf Gewohnheiten, aber es gibt noch eine Reihe anderer Möglichkeiten.

Von Autoren höre ich immer wieder, dass Selbstorganisation unnötig und eher hinderlich für die Kreativität sei.

Ich hätte bis heute wahrscheinlich noch kein einziges Wort zu Papier gebracht, wenn ich mich nicht mit diesem Thema und dem damit verbundenen Blick auf sich selbst beschäftigt hätte.

Wieso ich der Meinung bin, dass wir als Selfpublisher und Autoren uns irgendwie organisieren müssen? Nun, die meisten von uns können vom Schreiben nicht leben, dass bedeutet, wir haben noch einen anderen Beruf. Wir haben noch eine Familie und Freunde. Wir haben vielleicht (wenn auch sehr selten) andere Hobbies. Ich habe mich mal zehn Minuten hingesetzt und ein Schaubild erstellt. Hier geht es nur um das Schreiben und die Übersicht ist nicht vollständig.

Autorenleben - Whiteboard

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Da kommt schon einiges zusammen, wenn man sich das einmal vor Augen führt.

Die Basis überhaupt um Dinge geregelt zu bekommen, ist sie nicht zu vergessen. Das klingt banal, aber wie ich schon gesagt habe, wird das schwieriger mit der Zahl der Aufgaben. Viele von uns, mein früheres Ich inklusive, sind der Meinung, dass man sich Dinge irgendwie merken kann, oder um es mit Oma zu sagen: „Wenn ich es mir nicht merken kann, war es nicht wichtig.“

In der Realität führt das oft dazu, dass man immer nur das macht, was einem zuletzt in den Sinn kommt oder was uns jemand zuletzt zugerufen hat.

Jetzt kommen bei uns neben den klassischen Aufgaben aber noch Ideen für Bücher hinzu. Einfälle für Plotwendungen, Charaktere oder Worldbuilding. Das alleine nicht zu vergessen, ist schon eine Herausforderung. Was passiert da nur mit den anderen Aufgaben?

Manchmal muss man Tabula Rasa machen. Einen Moment inne halten und den Kopf leeren. Erstmal sammeln, was überhaupt da ist und das aufschreiben.

Ich mache das mit der gleichen Technik, wie ich das Schaubild oben erstellt habe, einer Aufgaben Mind-Map. Daraus ergeben sich automatisch die Schritte, die man als nächsten machen muss. Ich empfehle, möglichst kleine Schritte zu wählen. Wenn ich oben zum Beispiel „Recherchieren“ geschrieben habe, ist das natürlich Nebel in Tüten und hilft nicht. Da müsste noch konkreter folgen für was recherchiert werden soll und wonach gesucht werden soll. Dann, sollte Dr. Google nicht genügen, ruhig schon Namen und Telefonnummer notieren und „anrufen“ dazu schreiben – dann haben wir eine richtige Aufgabe ;-)

Ich persönlich stehe auf Listen und schreibe das ganze hinterher in eine solche, aber viele von uns sind eben keine Listentypen – da kann man direkt von der Mindmap arbeiten oder sich etwas anderes überlegen – den Zauberhut zum Beispiel. Was das ist, verrate ich ein anderes mal. Es gibt schöne Mittel – tolle Notizbücher, Arbeitsbücher und bunte Onlinetools, die auch für den Kreativen geeignet sind.

Vielen von uns werden Notizbücher liegen; Autoren lieben Notizbücher und sind glücklich, wenn sie mit irgendwas vollschreiben können. Burkhard Heidenberger von Zeitblueten.de empfiehlt ein Superbuch. Ich arbeite ebenfalls mit einem Notizbuch, habe aber für meinen Bürojob und das Schreiben noch jeweils projektbasierte Listen, die mir helfen den Überblick zu behalten. Beim Schreiben nutze ich neben einem Notizbuch auch ein Onlinetool, weil ich viel im Zug arbeite und meine Ideen so vernetzt bleiben.

Die Liste der Tools die ich probiert habe ist lang und ich werde in der nächsten Zeit auf die einzelnen Dinge eingehen und sie in der „Tooltime“ ablegen. Ich habe zig Kurse besucht und eine ganze Reihe Bücher gelesen. Ich werde auch ein wenig über mein Zeitmanagement schreiben – das ist was für alle, die wie ich Chaoten sind und denen das Organisieren und Aufgaben abarbeiten nicht in die Wiege gelegt wurde.

Wie geht ihr mit den Dingen des Lebens um? Seid ihr Naturtalente? Vergesst ihr nie etwas, oder geht bei euch auch immer alles unter, bis jemand in der Tür steht und euch nett daran erinnert? Schreibt in die Kommentare.

Ach – und trage Dich doch bei der Gelegenheit in meinen Newsletter ein :-)


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„Alles, was zu viel ist, wird der Natur zuwider“

– Hippokrates von Kos


Ich muss noch zehn Aufgaben erledigen heute. Da sind noch drei Blogs die ich lesen will, vier Bücher. Arbeite ich jetzt an Projekt eins, zwei oder drei weiter? Die Rezension für einen befreundeten Autoren  muss ich auch noch machen. Twitter eben checken und Facebook und Instagramm und Snapchat und Pinterest. Oh, eine Nachricht auf Whatsapp! Der Chef kommt rein, schnell das Handy weg. Dann noch ran an meinen Charakter, ich muss noch einen Persönlichkeitstest für ihn machen und mindestens ein Zwanzig-Seiten-Interview erstellen. Dann ich brauche noch die Grundlagen der Philosophie meiner neuen Rasse und muss heraufinden, welche Auswirkungen das auf die Grammatik des Volkes hat.

Boom.

Es ist eine alte Erkenntnis, dass man sich mit Aufgaben übernehmen kann. Die letzten Tage standen bei mir voll und ganz unter dem Gestirn des Zuviel im Zeichen des Ach leck mich doch. Zu viel lauert überall. Zu viele Aufgaben, zu viele Ziele. Zu viel zu tun. Aber ich habe ein ganz anderes zu viel bei mir entdeckt. Zu viele Adjektive, zu viele Adverbien, das kennt man als Autor. Aber zu viele Details?

Entgegen aller Empfehlungen habe ich einen unüberarbeiteten Entwurf meines Buchs an eine Autorenkollegin gegeben und gebeten, darüber zu gucken. In mir rumorte es seit Wochen. Etwas stimmte mit meinem Buch nicht. Die Hauptfigur wusste nicht, wo sie eigentlich hin wollte. Irgendwas fehlte, dachte ich. Dazu sollte die Meinung eines Autors her. Von jemandem, der auf die richtigen Stellen schaut.

Meine Einschätzung deckte sich mit dem Feedback.

Der Antagonist war ganz gut ausgearbeitet. Das Gefühl hatte ich auch, aber der Protagnonist war blassnäsig und beliebig. Wie kommt das? Ich habe doch nach bestem Wissen und Gewissen ausgearbeitet. Ich hatte doch das Äußere beschrieben, das Innere, Konflikte entwickelt um sein Verhalten in frog-1339896_1920Streitsituationen zu erspüren. Ich hatte viel mehr Arbeit in den Protagonisten investiert, als in den Antagonisten. Am besten gefiel der Kollegin eine Nebenfigur, die ich auf gerade mal einer Seite erstellt habe.

In meinem Charakter sollte alles hinein, er sollte so echt, so dreidimensional wirken wie es nur ging. Wieso war genau er der blasseste von allen?

Es passierte das Gleiche das passiert, wenn man sich zwanzig Aufgaben auf einmal vornimmt. Oder wenn man versucht, zehn Gewohnheiten in einer Woche zu verändern. Ich bin in alle Richtungen gleichzeitig gelaufen. Meine Hauptfigur war alles und nichts zugleich.

Die letzten Tage habe ich mit einer Kurzgeschichte verbracht und mein Hauptwerk einfach liegen lassen. Dazwischen habe ich mir Gedanken gemacht und ein paar Schreibratgeber durchstöbert. Ich wollte lediglich die Denkrichtung ändern. Dabei erinnerte ich mich daran, dass ich ein ähnliches Problem schon einmal hatte, als ich die Story meines Romans auf zehn Seiten zusammenfassen sollte und es mir nicht gelang.

Prägnante Kürzungen. Kurz fassen. Generell nicht meine Stärke.

Für Romane haben wir die Prämisse. Diesen einen bedeutungsschwangeren Satz der uns helfen soll, den Fokus zu behalten.

Wieso haben wir so etwas nicht für Charaktere? Oder für die Welt in der unser Held herum läuft? Einen Anker, zwei Sätze, die mich durch die Geschichte leiten.

Der Grund ist wahrscheinlich die Angst, dass die Charaktere zu eindimensional wirken. Jeder zweite Blogbeitrag handelt davon, wie man Charaktere vielschichtig macht, wie man sie so lebendig wie möglich macht und jedes mal denke ich mir: „Wie soll man DAS alles umsetzen ohne den roten Faden zu verlieren?“

Ein blasser Charakter ist die Nemesis für jeden Autor. Der Satz, der wie ein Damoklesschwert über jeder Rezension hängt. Wir tun alles, damit unsere Charaktere nicht mit diesem Prädikat ausgezeichnet werden. Viele Autoren lösen das durch möglichst viel. Sie lassen den Charakter einfach jede erdenkliche Situation durchleben, jede Emotion mitnehmen, die man sich nur vorstellen kann.

Ich habe eine Idee. Die Idee es anders zu machen und die werde ich nun umsetzen. So wie es auch auf der Arbeit funktioniert. Wie es mit Zielen und Gewohnheiten funktioniert. Mit Fokus! Weniger ist mehr, radikal entrümpeln. Im ersten Entwurf muss die Skizze stehen, messerscharf. Dann, erst dann, nehme ich die Farbe und beginne mit den Schattierungen. Ob das funktioniert? Das weiß ich noch nicht. Wir werden es sehen.

Es hat meine Geschichte schon einmal weit nach vorne gebracht, mal sehen, ob es noch einmal hilft.

Wie macht ihr das? Charaktertests? Interviews? Zwanzig Seiten über die Vergangenheit des Charakters? Oder ist auch für euch weniger mehr?


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Ich brauche ein Land. Eine Karte. Berge, Meer, Städte. Jetzt fühle ich mich wie Gott. Ich nehme den Stift und male herum. Sieht ganz gut aus. Ein paar Namen für Städte. Fertig. Ich nenne es: Keineahnungwasichhiereigentlichmachagonien

Ich bin kein Worldbuilder. Es gibt Fantasyautoren, die gefühlt 90% ihrer Zeit an einem Roman ins Worldbuilding investieren.

J.R.R. Tolkien hat die Kirschen hier sehr hoch gehängt. Als Urvater der Fantasyliteratur war er für so ziemlich jeden der Antrieb. In späteren Generationen dürfte er von einem jungen Zauberlehrling vom Thron geschubst worden sein, aber sein Einfluss ist unverkennbar. Heerscharen von Autoren erfinden Sprachen, fachsimpeln über die Fließgeschwindigkeit eines 8 Grad kalten Flußes bei doppeltem Vollmond und einem Neigungswinkel von 38°. Sie erfinden Tierarten, schütteln sich ganze Schöpfungsmythen aus dem Ärmel und zeichnen Karten, die ich staunend in die Kategorie „moderne Meisterwerke“ einsortiere.

Ich habe immer gerne an Welten herumgesponnen. Aber meist waren sie wie Mosaikteilchen, hier ein bisschen, da ein bisschen, ziemlich bunt und kleinteilig. Dann verlor ich die Lust und habe ich mich etwas anderem zugewendet. Ich habe zuletzt für das Schwarze Auge so etwas wie Worldbuilding gemacht und meine aktive Rollenspielerkarriere liegt inzwischen knapp 15 Jahre hinter mir.

Die ersten Ideen für den Feuerträger entwickelte ich in meinem Urlaub auf den Malediven. Strand, exotische Tiergeräusche und ein paar Cocktails zu viel und schon setzten die Gedanken ein.

Angespornt durch meine Urlaubslektüre, Markus Heitz Ulldart-Saga, begann ich erste Ideen zu entwickeln, während meine innere Stimme immer wiederholte: „Ja, ich meine es ernst mit dem Schreiben!“

Ich fing an mit einem alten Magier, einem jungen Schmied, irgendwas mit magischen Waffen und Feuer. Davon ist heute außer dem Feuer nichts mehr in meinem Roman vorhanden, aber es war der Anfang. Zuhause habe ich mich vor ein weißes Blatt Papier gesetzt und diese Karte hier entworfen:

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Jetzt hatte ich tatsächlich etwas auf Papier gebracht. Alles was ich zu dieser Zeit über das Schreiben wusste, kannte ich aus James N. Freys „Wie man einen verdammt guten Roman schreibt“ und war somit erstmal zufrieden, überhaupt etwas getan zu haben.

Ich verstand relativ schnell, dass eine Karte zu zeichnen nicht genügt, um ein Gerüst für die eigene Welt zu bilden. Also surfte ich im Netz, hörte die Schreibdilletanten und las, was Brandon Sanderson über das Thema zu sagen hatten.

Wohl durch den Beruf bedingt kümmerte ich mich erstmal um ein Wirtschaftssystem. Danach entwickelte ich dies und das, wobei ich mich an dieser Liste entlanghangelte, die ich bis heute sehr hilfreich finde.

Ich schrieb ein Treatment meiner Story und es war Rainer Wekwerth der mir sagte, dass er das so nicht lesen würde, weil es zu lang war. Das war mein erster Augenöffner. Meine ganze Geschichte hatte sich so aufgebläht, dass ich es nicht hinbekommen habe, sie auf zwanzig Seiten zusammenzufassen. Ich überlegte also, was ich kürzen konnte, strich hier und da, tötete ein paar Personen und stellte fest, dass die ganze Geschichte totaler Müll war.

Zu diesem Zeitpunkt hatte ich über ein halbes Jahr geplottet (oder das getan, was ich zu diesem Zeitpunkt für plotten hielt) und Zeit in meine Welt gesteckt.

Nach drei Tagen mit teils blutigen inneren Konflikten nahm ich das Gesamtwerk und warf es in die Tonne.

Da Rainer aber ein Treatment am Tag X von mir wollte und ich nun mit Garnichts dastand, nahm ich meine alte Karte, verlegte die Story von dem ursprünglichen Ort in die Hauptstadt und entwickelte eine ganz neue Geschichte.

Was hier auf der Strecke blieb, war das detailversessene Planen meiner Welt, die plötzlich nicht mehr zu meiner neuen Geschichte passte. Einzig das Magiesystem bildete so etwas wie den Rahmen, den ich auch um meine neue Story legen konnte.

Ich plante, plottete und schrieb neu. Mit alter Karte, ohne Wirtschaftssystem, ohne den Namen der Schwester des Herolds des besten Kämpfers des Königs der Vorderlande zu kennen.

Beim Schreiben stelle ich fest: Auf diese Art Fantasy zu schreiben hat Vor- und Nachteile.scotland-1249255_1920

Mein Vorteil: Der Fokus liegt voll auf den Charakteren und deren Geschichte. Ich halte mich mit Backstory zurück und habe nicht den Drang, den Leser ständig mit Beiläufigkeiten meiner Welt zu quälen, die ich mühsam entworfen und deswegen auch unter die Leute bringen will (…hust… Pfeifenkraut …hust).

Mein Nachteil: Ich habe dauernd Löcher zu stopfen. Wie sieht das Gebäude aus? Wie funktioniert das Wahlsystem? Was macht die Polizei? Wie gehen die mit Geld um? Allerdings merke ich bei so manchen Beschreibungen, dass mir selbst ein Bild vor Augen fehlt. Diese Stellen markiere ich, damit ich später unbedingt nachbessere.

Unter dem Strich bin ich ganz zufrieden damit, die Welt beim schreiben zu plotten. Mir fallen Dinge auf, an die ich im Vorfeld nicht gedacht hätte. Dafür nehme ich Löcher in Kauf, die ich später stopfen muss. Oft schreibe ich hier aus dem Instinkt, was mir schon ein paar Ideen gebracht hat, auf die ich sonst vielleicht nicht gekommen wäre. Das Gute: Einige Sachen entwickele ich bewusst mit dem Hintergrund, Konfliktpotenzial zu haben. Das macht die Welt lebendig und ich habe einen Blick auf die Konflikte meiner Geschichte

Mir ist es nicht möglich eine Welt bauen, und an alles denken. Es mag Menschen geben, die das können, ich gehöre nicht dazu. Für mich läge hier einiges im Argen zwischen Einsatz und Ergebnis; Wichtig ist mir die Logik, aber mir sind die meisten Logikfehler erst beim Schreiben aufgefallen – Widersprüche, Unsinnigkeiten – die ich vorher fröhlich vor mich hingeworldbuildet habe.

Insgesamt werde ich meinen zweiten Roman gänzlich anders vorbereiten als meinen ersten, aber ich habe die Erkenntnis für mich mitgenommen, dass ich zu Beginn lieber etwas weniger Worldbuilde und mehr Herz und Wille in die Story und die Charaktere stecke. Lediglich das Magiesystem und das Grundgesrüst müssen stehen – dafür finde ich den oben verlinkten Fragebogen der SWFA hilfreich.

Wie geht ihr mit Worldbuilding um? Baut ihr erst Monatelang eure eigene Welt, oder flickt ihr hier und da? Wie wichtig sind euch Dinge wie Sprache, Wirtschaft, Politik?


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