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Die aktuelle Season von Game of Thrones erhitzt die Gemüter. Die Showrunner David Benioff und D.B. Weiss sind dabei von gefeierten Helden zu Antagonisten herangereift. Die Kritiker formieren sich inzwischen derart, dass sogar eine Petition in Leben gerufen wurde, die aktuell 720.000 Unterschriften bekommen hat und damit mehr als Zehnfache davon, was zumeist deutlich gesellschaftlich relevantere Petitionen bekommen (change.org).

Auch ich bin kein riesen Fan der aktuellen Staffel und sehe viele Fehler und Dinge, die man besser hätte machen können. Die meisten Kritikerstimmen treffen den Ton und kritisieren das, was ich auch kritisiere. Hinzu kommt eine tatsächlich nicht erklärbare und unnötige Schlamperei von Benioff und Weiss. Dennoch finde ich, dass die „Fans“ inzwischen übertreiben. Letztlich haben wir hier zwei Kreative, die eine ganze Reihe Fehler gemacht haben, aber deren Arbeit auch unter völlig unfairen Mitteln verglichen wird. Immerhin haben wir hier noch eine Kreativleistung zweier Personen, die 99% der Kritiker nicht besser hinbekommen hätten.

Gründe für den Qualitätsabfall

Gründe dafür werden inzwischen viele genannt. Ich möchte in diesem Artikel mit einem aktuell populären, aber aus meiner Sicht unvollständigen Erklärungsversuch aufräumen und aufzeigen, wieso es Benioff und Weiss überhaupt nicht gelingen konnte, eine Staffel in der Qualität von George R. R. Martin zu Stande zu bringen.

Aktuell kursiert ein beliebter Artikel aus der Wired, der als Ursache für den Qualitätsabfall zwischen den Büchern von George R. R. Martin und den Drehbüchern von Benioff und Weiss den Unterschied zwischen Plottern und Pantsern zu Grunde legt. So interessant dieser Ansatz auch ist, so sehr halte ich ihn für einen Einseitigkeitsfehlschluss. Zwar schreibt der Autor des Artikels, dass auch Plotter erinnerungswürdige Charaktere erschaffen können und es nicht heißt, dass Outliner die schlechteren Autoren sind – aber genaugenommen sagt er dann doch genau das.

Dabei werden einige Punkte außer Acht gelassen. Zunächst einmal die Rahmenbedigungen, die schon alleine dazu führen, dass Benioff und Weiss nicht gegen Martin ankommen können und dazu noch der Schreibtechnische Ansatz.

Völlig unterschiedliche Rahmenbedingungen

Kommen wir zuerst zu den äußeren Bedingungen, die für sich genommen schon ausreichen, um diesen Ungleichen Kampf der Kreativen auszutragen. Wie eingangs geschrieben bin ich der Meinung, dass 99% der Kritiker es nicht besser machen würden. Denn es wird zwar zurecht immer wieder das Schreiben kritisiert, aber eine Staffel Game of Thrones zu drehen besteht eben nicht nur aus Schreiben.

Benioff und Weiss sind den Regeln des Business unterworfen, denen George R.R. Martin sich weitesgehend entziehen kann. Kurz gesagt, es geht um Zeit und Geld und damit um Zeit- und Kostendruck. HBO hat den beiden sicherlich nicht gesagt: „Schreibt die Geschichte, nicht schlimm, wenn es zehn Jahre dauert.“ TV oder Kino sind Business. Die Autoren müssen produzieren. Jeder Drehtag kostet Geld.

Faktor Zeit

Die erste Staffel wurde im April 2011 ausgestrahlt, man kann also von einem Drehbeginn irgendwann in 2010 ausgehen. Dass sind inzwischen also gut 8-9 Jahre, in denen die Autoren bereits vorhandene Bücher umgeschrieben und adaptiert haben – und das zum Teil herausragend – und schlussendlich auch noch zwei völlig eigene Staffeln erschaffen haben. Wie viele Bücher hat Goerge R.R. Martin in dieser Zeit fertig gestellt? 0.

Das ist keine Kritik an George R.R. Martin. Er hat eben den Luxus, sich dise Zeit nehmen zu können. Aber hier sprechen wir von völlig anderen Ausgangssituationen.

Faktoren Geld und Logistik

Wisst ihr, wie viele Personen an Game of Thrones etwa beteiligt sind? Es sind 3.589 Beteiligte. Wisst ihr, wie viele Angestellte der zweitgrößte Verlag Deutschlands, die Random House Gruppe, hat? 900 Angestellte. Eine Staffel Game of Thrones beschäftigt also knapp vier mal so viele Leute, wie der zweitgrößte Publikumsverlag Deutschlands. Laut der allgemeinen Definition ist ein Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern ein Großunternehmen.

Game of Thrones ist ein Großunternehmen. Nehmen wir nur an, dass diese 3.589 Beteiligten nur jeder 2.000 Euro pro Monat verdienen (was angesichts der Schauspielergehälter und anderer Dinge illusorisch ist) und dies über knapp 24 Monate, die die aktuelle Show gekostet hat, dann kommen wir nur für Personal auf einen Kostenblock von 172.272.000 Euro. George R. R. Martins Kostenblock dürfte in dieser Zeit geringer gewesen sein.

Hinzu kommen aber noch die anderen Produktionskosten, Effekte, Drehorte. Und man muss die ganze Leute choreographieren, dass sie alle zur gleichen Zeit genau da sind, wo sie sein sollen. Ich habe irgendwo gelesen, dass jede Folge der Staffel rund 15 Millionen Euro kostet, was deutlich weniger wäre als ich oben alleine für Personal hochgerechnet habe (vermutlich weil man nie alle 3.589 über alle Zeiträume benötigt), aber es wären immer noch knapp 90.000.000 Euro. Denn die Show ist immer aufwändiger geworden und HBO, da bin ich mir sicher, hat ziemlich penibel darauf geachtet, dass die Entstehung sich nicht unnötig in die Länge zieht.

Ein Buch von George Martin ist nicht teurer als Deins

Ein Buch von George R. R. Martin kostet in der Produktion genau so viel wie Dein Buch. Es ist nicht teurer geworden, weil es mehr Drehorte, Effekte oder Personen gibt. Das einzige, was hier mehr geworden ist, ist die Gewinnspanne. Das Buch ist ein goldenes Kalb – darum darf sich George R. R. Martin auch 8 Jahre Zeit lassen. Und ich und ihr – alle Kreativen wissen, dass Zeitdruck zwar hilfreich ist um eine Geschichte zu Ende zu bekommen, aber er hilft der Kreativität nur maximal phasenweise. Von dem Problem, dass manche Szenen einfach nicht gedreht werden können, weil das Geld fehlt mal ganz abgesehen (Stichwort Direwolf).

Der Dreh beginnt oft schon, noch während die Bücher geschrieben werden und es muss einfach viel schneller geliefert werden. Für mich der Hauptgrund für die Hudelei, die einen Großteil der Serie kaputt macht. Also merke Dir als Autor: Vermeide Zeitdruck und genieße die Freiheit, dass Du nicht auf Produktionskosten achten musst für das, was du erschaffst. Ist das nicht eine tolle Nachricht? Ist das nicht unglaublich befreiend zu wissen?

Ich bin also nicht verwundert, dass diese Staffel nicht die Qualität der Bücher von George R. R. Martin hat. Allein die Rahmenbedingungen sprechen dagegen.

Pantser versus Plotter

Aber was ist mit dem Ansatz, dass Martin eben ein Pantser ist, der nur die Samen sät und dann seinen Figuren beim gärtnern zuschaut, wohingegen Benioff und Weiss Outliner (Plotter) sind und das zu so einem Ergebnis führt.

Die Beobachtung ist erstmal richtig. Ich glaube auch, dass wir es hier mit genau diesen beiden unterschiedlichen Herangehensweisen zu tun haben. Dennoch ist dies nur der Arbeitsweg, die Art zu arbeiten. Vielleicht trinkt George R. R. Martin auch immer grünen Tee beim Schreiben und Benioff und Weiss trinken Kaffee und vielleicht ist das deswegen schlechter.

Okay, etwas provokant. Worauf ich hinaus will: Auch Outliner können ihre Outline und Ihre Figuren wie einen Garten wachsen lassen. Eine Outline entsteht ja auch irgendwie. Die kommt nicht aus dem Nichts, sondern sie entsteht im Zusammenspiel zwischen Autor und Figuren. In meinem Fall ist die Outline nichts anderes, als der völlig unausgereifte erste Entwurf eines Buchs. Doch wie sich die Outline entwickelt, das entwickele ich mit meinen Figuren zusammen.

Auch Martin hatte das Ende schon im Kopf.

Darüber hinaus bin ich mir sicher, dass auch George R. R. Martin von Beginn an wusste, in welche Richtung er die Geschichte entwickeln will. Es gibt einen 25 Jahre alten Entwurf von George R. R. Martin zum Ende der Serie. Damals war sie noch als Trilogie gedacht. Er hat also durchaus auch ein Ende im Kopf, denn anders lassen sich die vielen Hinweise und das frühe Foreshadowing mancher Ereignisse kaum erklären. Zudem war ER es, der Benioff und Weiss gesagt hat, wie die Serie etwa enden soll. Das ist nämlich auch so ein Punkt, dass die beiden ihre Figuren an den Fixpunkten von Martin entlanghangeln mussten. So gesehen hat Martin also auch geplottet

Was treibt die Geschichte an?

Was ist dann also das eigentliche Problem? Es ist nicht die Art zu Arbeiten (Tee oder Kaffee, Plotter oder Pantser), sondern die Frage nach dem Drive der Geschichte. Das war eines der ersten Dinge, die ich über Stories gelernt habe. Es gibt Geschichten, die Character-Driven sind und es gibt Geschichten, die Plot-Driven sind. Diesen Unterschied herauszuarbeiten fiel mir vor allem zu Beginn meiner Autorenkarriere nicht leicht – aber wer ein perfektes Besipiel dafür haben will, muss sich Game of Thrones ansehen.

Während Martins Erzählungen zu 99% Character-Driven sind, änderte sich das mit dem Punkt, wo Benioff und Weiss wussten, dass sie auf ein Ende zusteuerten und dabei noch die Punkte a) b) und c) abzuarbeiten hatten. Was passierte? Die Figuren begannen sich OOC, out of character, zu verhalten und erstahlten in glänzender Plot-Armor, dass heisst sie sterben nicht, egal wie unwahrscheinlich das ist, weil sie für den Plot gebraucht werden.

Es sind genau diese Brüche, welche die Figuren überhastet oder unglaubwürdig wirken lassen, und die D&D zu völlig idiotischen Argumentationen brachten (Die Glocken machen mich verrückt, wir lassen die Dothraki zuerst losreiten, wir fangen nur Missandei, oh ich habe die Eiserne Flotte irgendwie vergessen!). Ich wiederhole aber an dieser Stelle, dass das absolut NICHTS damit zu tun hat, ob ich vorher eine Outline schreibe oder vor mich hinpantse.

Das Risiko Plotdriven zu schreiben steigt, je mehr ich mich an externen Plotpunkten entlanghangele, die meine Figuren irgendwie erreichen sollen. Genau das haben D&D getan. Sie hatten ihre Eckpunkte, die es irgendwie zu erreichen gab und was nicht passend war, wurde passend gemacht. Das fällt in einer Geschichte, die für sich alleine steht gar nicht so auf. Aber bei Game of Thrones, das so liebevoll und breit mit vielen Figuren auserzählt wurde, wirkt es, als hätte man die Seele der Serie gleich mit entsorgt.

Meine ganz persönliche Meinung ist auch, dass das übermäßige Nutzen von Beatsheets ein großes Risiko von Plot-getriebenem Erzählen mit sich bringt, aber hier scheiden sich die Geister.

Geschichten aus den Figuren heraus entwickeln

Auch ein Outliner, der zuerst seine Figuren ergründet, deren Motive, Ängste, Needs und Glaubenssätze, der wird eine Character-Driven Outline schreiben und damit nicht so etwas abliefern, wie Benioff und Weiss. Der Hautpgrund liegt in meinen Augen an den Rahmenbedigungen – beide haben schon bewiesen, dass sie es besser können – Zeitdruck, Geld und einfach 3.000 Menschen und die damit verbundenen Unwägbarkeiten haben ihnen aber wohl einen Strich durch die Rechnung gemacht.

Man kann also zu dem Schluss kommen, dass Geschichten, die aus den Figuren heraus entwickelt werden, einen höheren emotionalen Impact beim Zuschauer hervorrufen. Genau diese Kritik höre ich nämlich immer wieder; die Figuren verhalten sich so dämlich oder so anders, als wir sie kennen gelernt haben, dass den Zuschauern das Schicksal schlichtweg egal geworden ist.

Wenn man also eines aus der letztes Staffel mitnehmen kann, dann dass sie ein gutes Anschauungsmaterial für Autoren abgibt, wie unterschiedlich verschiedenen Herangehensweisen auf die Zuschauer wirken und wie man sorgfältig geknüpfte Verbindungen sehr leicht zerstören kann.

Quintessenz: Entspannt euch.

Also lehnen wir uns als Autoren einen Moment zurück. Genießen wir, dass wir nur unseren Figuren und unseren Geschichten verpflichtet sind und freuen wir uns über unsere Freiheit, in unseren Köpfen unendliche Welten entstehen lassen zu können, ohne auf 3.000 andere Menschen achten zu müssen. Manchmal kann Erfolg auch ein Fluch sein. Ich hoffe, auch diese Seite sieht man am Schaffen von Benioff und Weiss – denn so sehr ich auch mit der aktuellen Staffel hadere, so sehr haben die beiden auch Gutes für diese Serie getan.

Mit diesem Gedanken freue ich mich jetzt auf die letzte Folge, auch wenn ich mir wieder die Haare raufen werde. Was sind Eure Gedanken dazu? Wie schreibt ihr? Seid ihr Pantser oder Plotter? Habt ihr bei euren eigenen Geschichten schon mal den Unterschied zwischen Character und Plot-driven bemerkt? Ich freue mich auf Eure Kommentare.

Ideen sind für Autoren überlebenswichtig. Doch manche Ideen hindern Dich mehr an der Arbeit, als das sie Dir helfen. Wie geht man am besten damit um?


Jeder Autor kennt sie. Plotbunnies. Du sitzt gerade an der Ausarbeitung des nächsten Dilemmas Deiner Hauptfigur. Leider tut keiner Deiner Helden was er soll, die Prämisse ist doof und sowieso fängt das ganze Projekt an zu nerven. Wieso wollte ich das noch mal schreiben? Ich bin ein echt mieser Autor! Die Idee ist sowieso Mist.

Das Gras auf der anderen Seite

Plötzlich kommt es angehoppelt. Die Rettung aus dem schnöden Alltagsleben der festgefahrenen Story. Das Fell glänzt flauschig, es zwinkert Dir zu. Dann setzt es sich hin und sagt:

„Hey, wie wäre es, wenn …“

Sofort beginnt Dein Kopf zu arbeiten. Super Idee! Dann könnte ich eine Figur entwickeln, die … und ich würde in der Welt … dann könnte ich auch…

Vor Deinem geistigen Auge entsteht die Geschichte. DIE Geschichte. Die, die Du schon immer schreiben wolltest. Nicht dieses langweilige Stück festgefahrener Möchtegernliteratur, das da vor Dir liegt. Nein, eine richtig gute Story.

Das halbleere Blatt vor Dir wedelt noch einmal kraftlos mit den Armen, wohlwissend, dass Du ihm bereits keine Beachtung mehr schenkst.

Du kramst derweil eines Deiner siebenhunderteinundreißig Notizbücher heraus, die alle irgendwann vollgeschrieben werden wollen und fängst an, Deine neue – DIE – Geschichte zu brainstormen.

Nächster Halt: Bestseller

Diesmal wird alles besser. Die Figuren werden sauberer ausgearbeitet, die Story wird besser durchdacht. Auch beim Worldbuilding mache ich diesmal keine Fehler und ich werde auch richtig recherchieren. So mit anderen Leuten anschreiben und so.

Und natürlich wird der Schreibstil nicht so einfältig und flach sein wie jetzt. Mir sprudeln schon jetzt die Ideen. Das wird Super! Die Geschichte werde ich dann verlegen. Oder an einen Agenten geben, der mich dann zu einem großen Verlag bringt.

Sagen wir so in sechs Monaten, das schaffe ich, wenn ich ab morgen 5.000 Wörter pro Tag schreibe…

Willenskraft adé

Glückwunsch. Du bist gerade in eine klassische Willenskraft-Falle getappt. Wer von uns kann sich davon freisprechen? Wer von euch hat nicht mindestens zwei Projekte, die irgendwann gleichzeitig angegangen wurden? Wer von euch fand nicht mal den Gedanken an ein neues, frisches Projekt sexy? Eines, bei dem alles viel besser laufen wird, weil wir viel disiplinierter, fleißiger und einfach auch klüger sein werden als beim aktuellen?

Wer von uns hat nicht die Euphoriewelle genossen, die bei den ersten Ideen einer neuen Geschichte über einem zusammenschwappt? Wenn die Geschichte noch nicht richtig greifbar ist, aber quasi nur noch vom Baum der Schreiberkenntnis geplfückt werden muss?

Sei beruhigt. Das betrifft alle Menschen. Es ist sogar ein so populärer Effekt, das er erforscht wurde. 

Man kann sagen, es gibt einen guten Grund dafür, dass Plotbunnies und andere Projekte genau dann in Deinen Gedanken auftauchen, wenn Du Dich eigentlich mit dem Text vor Dir beschäftigen solltest.

Gutes Gefühl und falsche Hoffnungen

Janet Polivy und C. Peter Herman von der Universität Toronto fanden heraus, dass wir uns zu einer Veränderung entschließen, wenn wir an einem Tiefpunkt sind.

Das muss nicht zwingend das Schreiben sein. Das gilt auch für alle anderen Dinge, mit denen wir unzufrieden sind. Wir fassen also einen Entschluss, uns nicht mehr so zu verhalten – uns besser zu verhalten. Klüger, schlauer, disziplinierter.

Allein der Vorsatz sich zu verändern, verleiht uns ein besseres Gefühl. Wir fühlen uns stärker, stellen uns vor, wie wir plötzlich als Autoren anerkannt werden, die Verlage uns die Manuskripte aus der Hand reißen oder es künftig nur noch 5-Sterne-Rezensionen im Internet gibt,

Zum Leidwesen der meisten Menschen, hält weder das Veränderungsversprechen noch die erhofften Belohnungen. Die Folge: Enttäuschung.

Sie fanden heraus, dass uns allein die Entscheidung zur Veränderung ein unmittelbares Glücksgefühl gibt. Die Entscheidung, das miese, lückenhafte Manuskript liegen zu lassen und gegen die eine, richtige Geschichte zu tauschen, gibt uns Kraft und Motivation – ohne dass wir überhaupt irgendetwas getan haben.

Allerdings kommen wir auch mit diesem Manuskript unweigerlich an den Punkt, an dem wir vor Problemen stehen. Das positive Gefühl ist aufgezehrt. Wir zetern und schimpfen. Das flauschige Plotbunny ist  zu einem zotteligen, zerrupften Hamster der Dich Nachts wach hält und auf die Hand pinkelt zusammengeschrumpft. Und dann, ganz unerwartet, kommt ein plüschiger frischer Plothase von irgendwo angehoppelt, blinzelt und sagt:

„Hey, wie wäre es denn…?“

Und sofort beginnt Dein Kopf, die eine Geschichte zu entwickeln….

Plothasenjagd

Diesen Zyklus nannten Polivy und Herman das „false hope Syndrom„. Es ist keine Strategie der Veränderung oder führt dazu, dass wir wirklich etwas besser tun oder in etwas besser werden, sondern eine Strategie des Gehirns, sich besser zu fühlen.

Dabei muss man beachten, dass Verhalten, die wir immer und immer wieder ausführen, irgendwann gelernt werden.

Es kann also passieren, dass wir uns eh wir uns versehen in einer reinen Plothasenjagd und einem Haufen angefangener Texte bewegen, ohne wirklich von der Stelle zu kommen.

Du kannst Dir vorstellen, was für Auswirkungen das auf die langfristige Motivation hat. Es ist, als würdest Du den 12 Anlauf nehmen, endlich ins Fitnessstudio zu gehen, wobei Du, Dein Unterbewusstsein und alle anderen Beteiligten wissen, dass Du es eh nicht durchhälst.

Oder um es einfacher zu sagen: Wenn Du bereits an Deinem vierten Projekt sitzt ohne je eines davon fertig geschrieben zu haben, dann schreibe dieses jetzt zu Ende! Pronto!

Plotbunnies sind nicht böse

Plotbunnies sind natürlich etwas tolles und weit entfernt von Monty Pythons Killerkanninchen. Es kommt auf die Richtige Haltung und Pflege an.

Ich empfehle Dir eine Software oder ein Notizbuch, in dem Du alle Plotbunnies sofort aufschreibst. Nimm dafür nur einen einzigen Ort, damit du sie immer wiederfindest.

Das Aufschreiben hilft Dir, dass Du die Ideen griffbereit hast, wenn Du sie wirklich brauchst – wenn Du Deine Geschichte zu Ende geschrieben hast zum Beispiel. Zum anderen verhindert es den sogenannten „Zeigarnik Effekt„. 

Dieser Effekt besagt, das wir uns Dinge besser merken, die unabgeschlossen sind. Unferiges bleibt im Kopf und kommt immer wieder hoch. Durch das Aufschreiben signalisiertst Du deinem Gehirn, dass alles okay ist und Du Dich später mit diesem Plotbunny beschäftigen kannst.

Und dann kannst Du Dich wieder Deinem Text widmen.

Natürlich gibt es Punkte, an denen es keinen Sinn mehr ergibt, sich mit einem völlig toten Mauskript auseinander zu setzen. Ich selbst hatte so einen Moment. Wichtig ist, dass Du es gut überlegt tust. Dass Du abwägst, ob Du nur einen Motivationstiefpunkt hast, oder ob das Manuskript wirklich unrettbar ist. Lass eine andere Person drüber schauen und hole Dir Feedback.

Und meine Empfehlung: Arbeit nicht an zu vielen Projekten zugleich. Ich schreibe immer nur an einer Geschichte und dazu maximal an einer Kurzgeschichte. Außerdem zerteile ich meine Projekte in vier Abschnitte, so dass ich immer wieder einzelne Prozesse (Recherche, Schreiben, Korrektur) von vorne beginne.

Das hilft mir, den Faden zu behalten und auch längere Phasen des Nichtschreibens motiviert zu überstehen.

Mit diesem Wissen entlasse ich Dich jetzt an Dein Manuskript.

Hab einen schönen Tag und immer schön am Stift bleiben!

Dein Bruno

Mirja S. (24, Name von der Redaktion geändert) reibt sich die Augen. Dunkle Ringe und aufgequollene Tränensäcke sind Zeugen einer kurzen Nacht.

„Es hat mich in den Bann gezogen und ich konnte es die ganze Nacht nicht zur Seite legen. Jetzt bin ich müde.“

Sie gähnt und holt sich einen Kaffee, ehe sie fortfährt: „Früher hatte ich ein, zwei Bücher und habe mir das Lesen eingeteilt. Heute ist mein ganzer Reader voll.“

Fälle wie der von Mirja S. sind keine Seltenheit in Deutschland. Landein, landaus schlagen sich Leser aller Altersgruppen Nächte um die Ohren. Was auf den ersten Satz banal klingt, hat System und ungeahnte Auswirkungen auf unser Zusammenleben.

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