Aktuelle Blogbeiträge
Dieser Artikel ist von Mitte 2017 und damit an manchen Punkten, z.B. bei den Daten über Social Media Nutzung, nicht auf dem aktuellsten Stand. Dem Inhalt tut das aber keinen Abbruch.
Als Autor ist man viel beschäftigt. Man muss schreiben, revidieren, recherchieren, organisieren und lesen. Nur sind die meisten von uns nicht nur Autor. Manche sind Lehrerin, andere Bänker, wieder andere studieren. Manche haben Elternzeit, andere sind alleinerziehend. Einige sind nicht nur Autor, sondern sogar Selfpublisher. Wieder andere arbeiten bei der Polizei und mindestens eine, so habe ich mir sagen lassen, ist sogar Psychologin.
Die Diva Inspiration ist ein Mitglied der Dreifaltigkeit der schreibenden Zunft. Sie ist die gutaussehende Schwester der Schreibblockade. Während erstere ständig im Weg steht, laut dazwischenruft oder mal wieder Kaffee über die Tastatur gekippt hat, hat letztere die Grazie einer Hollywooddiva.
Liebe Leser,
nach nun fast einem Jahr geht meine erste Staffel von „augenschelm fragt“ zu Ende. Es hat mir viel Spaß gemacht, mit so vielen Autoren zu sprechen, so viel über Ihre Gewohnheiten zu erfahren und zu sehen, wie sie ihrer täglichen Arbeit nachgehen.
Die Interviews waren lehrreich, unterhaltsam und vielschichtig.
Die Idee dieser Serie war es, Neueinsteigern und auch erfahrenen Autoren zu zeigen, dass es „DEN WEG“ für Autoren nicht gibt, dass jeder seine eigenen Pfade austritt um ans Ziel zu gelangen. Als ich diesen Fragebogen entwickelte, hatte ich keine Ahnung, wen ich alles interviewen würde und es hat eine Weile gedauert, bis ich mir ein Herz gefasst habe und auch erfahrene Autoren anschrieb.
Da die meisten Leute aus der schreibenden Zunft wenig Zeit haben, war die Rücklaufquote insgesamt gering. Umso dankbarer bin ich allen, die sich die Zeit genommen haben, mir und euch diese Fragen zu beantworten.
Aus diesem Grund bin ich auch auf mein letztes Interview überaus stolz. Ich bin großer Fan von Sebastian Fitzek und kann an dieser Stelle nur sagen, was für ein angenehmer und netter Zeitgenosse er ist. Es hat mich viel Überwindung gekostet, ihn anzuschreiben und immer wieder zu erinnern (es hat insgesamt über 6 Monate gedauert, bis wir dieses Interview zusammen hatten), aber Sebastian hat wirklich ein Herz für seine Fans und junge Autoren und sollte er irgendwann von mir genervt gewesen sein, so hat er es mich nicht merken lassen :-)
Ich darf euch heute also ein Interview mit dem aktuellen Krimipreisträger, Bestseller- und möglicherweise aktuell erfolgreichsten deutschen Thrillerautoren anbieten, der über 8 Millionen Bücher in 24 Sprachen verkauft hat.
Viel Spaß beim Lesen!
Interview
Teil 1: Über Dich
1. Zu Deiner Person: Kannst du vom Schreiben leben? Falls nicht, was
machst Du, außer zu schreiben?
Ich genieße das Privileg, vom Schreiben leben zu können.
2. Wie bist Du dazu gekommen zu schreiben und seit wann schreibst du?
Ich habe Anfang 2000 angefangen und bin seitdem nicht mehr vom Schreiben losgekommen.
3. Seit wann schreibst du mit dem festen Vorsatz, zu veröffentlichten?
Das war von der ersten Zeile an. Ich wollte wissen, ob es mir gelingt, etwas zu Papier zu bringen, das nicht nur mir alleine gefällt.
4. Wie hat Dein Umfeld darauf reagiert?
Zunächst gar nicht, denn ich habe es niemandem erzählt, außer meinen Eltern. Die haben mich allerdings sehr unterstützt.
5. In welchem Genre schreibst Du und was begeistert Dich an diesem Genre?
Ich schreibe Psychothriller. Die menschliche Seele ist für mich wie die Tiefsee, ein Ort, von dem jeder ein Bild vor seinem Auge hat, aber die Wenigsten haben ihn erforscht und niemand kennt all seine Geheimnisse.
Teil 2: Publikation und Marketing
6. Ist Verlagspublikation oder Self-Publishing dein Weg?
Verlag.
7. Wieso hast du dich für diesen Weg entschieden?
Vor elf Jahren war das damals der logische, erste Weg und ich war froh, dass ein Verlag mir eine Chance gab.
8. Wie lange musstest Du warten, bis ein Verlag ein Manuskript von Dir genommen hat?
Drei Jahre.
9. Was sind Deine besten Tipps, um auf einen Roman aufmerksam zu machen?
Alles steht und fällt mit der Geschichte. Natürlich gibt es viele Marketing- und PR-Maßnahmen. Doch als Anfänger bekommt man vom Verlag in der Regel kein Budget dafür. Mein Erstling wurde in einer Auflage von 4000 Stück gedruckt, es gab keine Werbung, keine Interviews bei der Veröffentlichung, keine Lesungen. Hätte sich der Inhalt des Buches nicht herumgesprochen, wäre es im Meer der Veröffentlichungen untergegangen. Natürlich gehört dazu auch sehr viel Glück, aber nichts schlägt jemals die Kraft der Mundpropaganda. Man muss also etwas verfassen, das andere gerne weiterempfehlen. Dazu muss man zunächst ein Buch schreiben, das man selbst gerne lesen will. Ich rate also dazu, nicht beim Schreiben einen „Markt“ im Kopf zu haben, sondern nur die Geschichte, die man unbedingt erzählen will.
10. Wie findest Du Deine Zielgruppe?
Darüber mache ich mir keine Gedanken. Siehe Frage 9.
Teil 3: Gewohnheiten
11. Wie sieht sein gewöhnlicher Schreibtag von morgens bis abends aus?
Ich setze mich um 09.00 Uhr an den Schreibtisch und schreibe so lange es geht.
12. Auf welche Art entwickelst Du eine Idee zu einer Geschichte?
Ich versuche eine lose Idee mit einem etwa 10-seitigen Exposé für mich selbst greifbar zu machen. Dann fange ich an zu schreiben und warte darauf, dass sich die Figuren und die Geschichte verselbständigen.
13. 3-Akte, 5-Akte, 8 Sequenzen. Wie strukturierst Du Deine Geschichte?
Ich tendiere zu einer dreiaktigen Struktur, mache mir über Erzähltheorie aber eher selten Gedanken. Das geschieht meist intuitiv.
14. Wie viele Stunden arbeitest Du pro Woche an Deinem Buch?
Das lässt sich so nicht sagen. Ist eine Lesetour auch Arbeit am Buch? Oder zählt nur das reine Schreiben? Fakt ist: Ich arbeite täglich an einem Buch, auch an Weihnachten, zu meinem Geburtstag, etc. Ohne Ausnahme.
15. Wie oft überarbeitest Du im Schnitt?
Drei Mal.
16. Wie gehst Du bei der Überarbeitung vor? Hast Du ein bestimmtes System?
Ich lese mir die Entwürfe laut vor und versuche die Anmerkungen meiner Lektorinnen so gut es geht zu berücksichtigen.
17. Wie motivierst Du Dich zum Schreiben?
Mit einem guten Buch oder einem Film, der mich inspiriert.
18. An wie vielen Projekten arbeitest du gleichzeitig?
Immer nur an einem Buch.
19. Was sind, aus Deiner Sicht, Deine 3 wertvollsten Gewohnheiten im
Bezug auf das Schreiben?
1. Kontinuität. Viele Menschen denken, ein Buch wird umso besser, je mehr man sich damit Zeit lässt. Sorgfalt ist natürlich eine Grundvoraussetzung, aber gerade bei einem Thriller ist es wichtig, dass man das Timing und sein Figurenpersonal fest im Griff hat. Wenn man nur alle zwei Monate einen Satz schreibt, dann zerfasert die Geschichte. Besser ist es drei Monate am Stück Tag durchzuarbeiten.
2. Pausen einplanen.
Es mag wie ein Widerspruch zu Punkt 1 klingen, aber Kreativität entsteht häufig durch Langeweile. Also mal ganz bewusst das Handy weglegen und irgendwo hinfahren wo nichts los ist. Der Geist beginnt sich erst zu beruhigen, dann zu arbeiten und man kommt auf völlig neue Ideen.
3. Scheuklappen aufsetzen
Wir haben uns diesen Beruf nicht gewählt, um Auftragsproduktionen zu leisten. Wir wollen Geschichten erzählen, jeder aus einem anderen Grund. Es gilt, diesen Grund herauszufinden und ihm treu zu bleiben, egal was andere von einem wollen.
20. Wie viel der Zeit die Du schreibst macht dir Spaß und wie viel ist eher harte Arbeit?
Da Spaß und harte Arbeit kein Widerspruch ist, hält sich das wohl die Waage.
21. Wie lange hast Du an Deinem ersten fertig geschriebenen Roman gearbeitet?
Brutto zwei Jahre, netto vielleicht 4 Monate.
Ich hatte ja noch einen Brotberuf und konnte nur in meiner Freizeit und im Urlaub arbeiten.
Teil 4: Inspirationen
22. Welches Buch über das Schreiben kannst du unbedingt weiterempfehlen?
Die Odyssee des Drehbuchschreibers von Christoper Vogler.
23. Was war der beste Ratschlag, den du im Bezug auf das Schreiben
erhalten hast?
Nie zu glauben, der erste Entwurf wäre bereits perfekt.
24. Welche drei Romane haben dich am meisten inspiriert und warum?
Diese Frage ist angesichts der Vielzahl der Bücher, die mich beeinflusst haben, nicht zu beantworten. Müsste ich allerdings ein einziges Buch nennen, wäre es „Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende, die mir die Welt der Bücher buchstäblich eröffnet hat.
Teil 5: Organisation und Persönlichkeit
25. Welche fünf Eigenschaften sollte ein Autor unbedingt besitzen?
Empathie, Kreativität, Ausdauer, Kritikfähigkeit und einen guten Rücken.
26. Welchen Ratschlag möchtest du jemandem mitgeben, der gerade erst mit dem Schreiben begonnen hat?
Höre erst auf Ratschläge, wenn du mit deinem ersten Entwurf fertig bist.
27. Familie, Arbeit, Studium, Schreiben, Vertrieb der Bücher, Social Media. Der Kalender ist voll, was tust du, um nicht auszubrennen dabei?
Ich lese, verreise gerne und spiele mit meinen Kindern.
Teil 6: Ausblicke und Einblicke
28. Glückwünsch! Du hast eine Fee gefunden und sie erfüllt Dir einen
Wunsch. Einzige Einschränkung, es muss etwas mit Büchern zu tun haben. Was wünschst du dir?
Alle meine Lieblingsautoren noch nicht entdeckt zu haben.
29. Wenn Du eine Sache am Buchmarkt ändern könntest, was wäre das?
Die Schließung lokaler Buchhandlungen.
30. Zum Schluss was Handfestes: Welche Workshops, Lehrgänge, Coverdesigner, Lektoren oder Korrektoren kannst du aus Deiner bisherigen Arbeit empfehlen?
Oh, da würde ich einen Blick in eine meiner Danksagungen empfehlen. Da stehen alle Namen derer, ohne die mein Erfolg nicht denkbar wäre, insbesondere die meiner Lektorinnen Carolin Graehl und Regine Weisbrod. Lehrgänge und Workshops habe ich nie besucht.
Lieber Sebastian, ich danke Dir für die Zeit die Du Dir für dieses Interview genommen hast. Es hat mir viel Spaß gemacht und war eines meiner persönlichen Highlights 2016-2017, dass wir eine ganze zeitlang immer wieder in Kontakt standen.
Ich hoffe, alle angehenden und aktiven Autoren können aus meiner „Augenschelm fragt:“-Reihe etwas mitnehmen. Mein Dank gilt allen, die teilgenommen haben. Wir alle wissen, wie rar gesät die Zeit ist und auch wenn ihr nur die erfolgreichen Anfragen sehr, gingen sehr viele unter oder wurden nicht beantwortet.
Allerdings käme es mir nicht in den Sinn, daraus irgendeinem Autor einen Vorwurf zu machen, schließlich bringen Bücher das Essen auf den Tisch und keine Interviews. Deshalb noch einmal meinen ausdrücklichen Dank an:
Elyseo da Silva, Marcus Johanus, Nike Leonhardt, Markus Heitz, Michaela Stadelmann, Axel Hollmann, Tanja Hanika, Zoë Beck, Mareike Albracht, Sonea von Delvon, Alessandra Reß, Nina C. Hasse, Benjamin Spang, Anja Kiel und Sebastian Fitzek.